Leitsätze (amtlich)

  1. Wird das Unternehmen des Gemeinschuldners zum Teil vom Konkursverwalter im Rahmen des ihm zustehenden Verwaltungs- und Verfügungsrechts und zum Teil vom Unternehmer (Gemeinschuldner) mit Mitteln betrieben, die nicht dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Konkursverwalters unterliegen, so ist die Umsatzsteuer für das Unternehmen des Gemeinschuldners in zwei getrennten Umsatzsteuerbescheiden festzusetzen, von denen der eine an den Gemeinschuldner und der andere an den Konkursverwalter zu richten ist.
  2. Die Steuerbeträge, die in dem an den Konkursverwalter und in dem an den Gemeinschuldner gerichteten Steuerbescheid festzusetzen sind, richten sich danach, in welchem Unternehmensteil die einzelnen Steuertatbestände, die zur Jahressteuer führen, verwirklicht worden sind. Dementsprechend kann die Vorsteuer, die im Bereich der Konkursmasse angefallen ist, nicht von der Steuer abgesetzt werden, die für den konkursfreien Unternehmensteil anzusetzen ist.
 

Sachverhalt

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen des 1993 in Konkurs gefallenen Einzelunternehmers S (Gemeinschuldner). In die Konkursmasse fiel das Betriebsvermögen des Einzelunternehmens, das unter der Firma "K. S, Bausanierung" geführt wurde (Firma I). Im Streitjahr 1995 betrieb der Gemeinschuldner ein zweites Geschäft unter der Firma "K. S, Montagebau …" (Firma II). Die Eröffnung des Konkurses bezüglich dieses Einzelunternehmens wurde 1996 mangels Masse abgelehnt. Der Kläger gab eine USt-Erklärung der in Konkurs befindlichen Firma I für 1995 ab, in der er lediglich abziehbare Vorsteuerbeträge von… DM erklärte. Das Finanzamt erließ gegenüber dem Gemeinschuldner einen USt-Bescheid und bezog die genannten Vorsteuerbeträge in die dort festgesetzte USt ein. Eine gesonderte USt-Veranlagung gegenüber dem Kläger lehnte das Finanzamt durch Negativbescheid ab. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Das FG hat das Finanzamt zu Recht verpflichtet, gegenüber dem Kläger den begehrten USt-Bescheid zu erlassen. Die Konkurseröffnung hat auf die Unternehmereigenschaft des Gemeinschuldners keinen Einfluss; sie ändert auch nichts daran, dass das Unternehmen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit des Unternehmers erfasst[2]. Dementsprechend bestimmt sich die USt für das gesamte Unternehmen des Gemeinschuldners zunächst ohne Rücksicht auf die Vorschriften des Konkursrechts ausschließlich nach dem UStG. Gleichwohl ist die USt nicht gegenüber dem Gemeinschuldner, sondern gegenüber dem Konkursverwalter festzusetzen, soweit das Verwaltungsund Verfügungsrecht des Konkursverwalters reicht. Nach § 6 Abs. 2 KO wird nämlich das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das zur Konkursmasse gehörige Vermögen durch den Konkursverwalter ausgeübt. In diesem Umfang hat er die steuerlichen Pflichten für den Gemeinschuldner zu erfüllen[3]. Insoweit ist auch ihm gegenüber die USt festzusetzen[4].

Wird das Unternehmen des Gemeinschuldners z.T. vom Konkursverwalter im Rahmen des ihm zustehenden Verwaltungs- und Verfügungsrechts und z.T. vom Unternehmer (Gemeinschuldner) mit Mitteln betrieben, die nicht dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Konkursverwalters unterliegen, so ist die USt in zwei getrennten USt-Bescheiden festzusetzen, von denen der eine an den Gemeinschuldner persönlich und der andere an den Konkursverwalter zu richten ist[5]. Die USt für Umsätze, die im Rahmen des dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Konkursverwalters unterliegenden Unternehmensteils ausgeführt wurden, sind in dem an den Konkursverwalter zu richtenden USt-Bescheid zu erfassen. Die Vorsteuerbeträge aus Leistungsbezügen für diesen Unternehmensteil sind in diesem Bescheid gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG abzusetzen. Sind im Rahmen dieses Unternehmensteils keine Umsätze ausgeführt worden und ist auch keine sonstige Steuer gemäß § 16 Abs. 1 UStG zu berechnen, führen die Vorsteuerbeträge zu einem Vorsteuerüberschuss, der gegenüber dem Konkursverwalter festzusetzen ist.

Entsprechendes gilt für die USt, die in dem an den Gemeinschuldner gerichteten Steuerbescheid festzusetzen ist. Hieraus folgt notwendig, dass die Vorsteuer, die im Bereich der Konkursmasse angefallen ist, nicht gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 UStG von der Steuer abgesetzt werden kann, die gemäß § 16 Abs. 1 UStG für den konkursfreien Unternehmensteil anzusetzen ist. Aus dem Grundsatz, dass der Gemeinschuldner umsatzsteuerrechtlich nur ein einziges Unternehmen hat, folgt nichts anderes. Aus ihm ergibt sich lediglich, dass die Summe der gegenüber dem Konkursverwalter und der gegenüber dem Gemeinschuldner festgesetzten USt die nach den Vorschriften des UStG entstandene Jahres-USt für das gesamte Unternehmen ergeben muss.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 28.6.2000 - V R 87/99

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