Leitsatz

Die einseitige Übertragungsmöglichkeit des Freibetrages für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA) auf Antrag des Elternteils, bei dem das Kind gemeldet ist, verstößt nicht gegen den verfassungsrechtlich geschützten Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Sachverhalt

Das Einkommensteuergesetz unterscheidet hinsichtlich der Kinderfreibeträge zwischen dem Freibetrag für das sächliche Existenzminimum i.H.v. 2.184 EUR (4.368 EUR bei Zusammenveranlagung) sowie dem Freibetrag von 1.320 EUR (2.640 EUR). Während die Übertragung der Kinderfreibetrag für den sog. Sachaufwand zwischen den Elternteilen nur möglich ist, wenn ein Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachkommt, wird für Kinder vor Vollendung des 18. Lebensjahres der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende BEA-Freibetrag auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen (§ 32 Abs. 6 Satz 6 EStG i.d. bis 31.12.2011 geltenden Fassung).

Der Gesetzgeber geht typisierend davon aus, dass das Kind in dem Haushalt des Elternteils, bei dem es gemeldet ist, aufgenommen ist und von diesem Elternteil umfassend betreut wird. Da dieser Elternteil einen höheren Betreuungsaufwand hat als der andere Elternteil, der das Kind ggf. an Wochenenden betreut oder der Fremdbetreuungsleistungen (mit-)finanziert, ist es sachgerecht, den Betreuungsfreibetrag auf Antrag ausschließlich dem Elternteil, bei dem das Kind gemeldet ist, zu gewähren. Die unterschiedlichen gesetzlichen Voraussetzungen für die Übertragung des Kinderfreibetrags einerseits und des Betreuungsfreibetrags andererseits sind deshalb sachlich gerechtfertig[1]. Die einseitige geregelte Entziehungsmöglichkeit des einem Elternteil zustehenden BEA-Freibetrages durch den anderen Elternteil ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Hinweis

Ab dem 1.1.2012 ist die Übertragung des BEA-Freibetrags durch einseitigen Antrag nicht mehr möglich, wenn der andere Elternteil hierfür Aufwendungen getragen hat. Zahlt z.B. der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, die Kosten für die Kinderbetreuung durch Dritte, steht der BEA-Freibetrag ohne Übertragungsmöglichkeit beiden Elternteilen je zur Hälfte zu (§ 32 Abs. 6 EStG). Mit der Neuregelung trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass in zunehmendem Maße in Trennungsfällen beide Elternteile den Betreuungs- und Erziehungsbedarf ihres Kindes sicherstellen. Der Gesetzgeber hat damit nicht seine bisherige gesetzliche Regelung als falsch erkannt, sondern den Regelungsbedarf an die gesellschaftliche Entwicklung für die Zukunft angepasst.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 27. 10. 2011, III R 42/07.

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