Leitsätze (amtlich)

  • Unbeschadet der für den Arbeitgeber bestehenden Möglichkeit, Übernachtungskosten des Arbeitnehmers bei einer doppelten Haushaltsführung pauschal ohne Lohnsteuerabzug zu erstatten (Abschn. 43 Abs. 10 LStR 1993, nunmehr R 43 Abs. 11 LStR 2000), kann der Arbeitnehmer grundsätzlich nur nachgewiesene Übernachtungskosten als Werbungskosten geltend machen.
  • Bei einer Schätzung der Höhe der Übernachtungskosten sind weder die vorgenannten Pauschbeträge noch tarifvertragliche Bestimmungen über die Höhe von Auslösungsbeträgen maßgeblich.
 

Sachverhalt

Die Kläger sind zusammen veranlagte Ehegatten. Der Kläger arbeitete im Streitjahr 1994 an 197 Tagen als Klempner auf auswärtigen Baustellen. Für die hiermit verbundenen Aufwendungen wurde ihm vom Arbeitgeber ein Betrag von 16 648 DM steuerfrei erstattet. Nach einer Bescheinigung seines Arbeitgebers erhielt der Kläger eine tägliche Auslösung von 70 DM, in der eine - der Höhe nach nicht spezifizierte - Übernachtungspauschale enthalten sein sollte. In der ESt-Erklärung 1994 machte der Kläger Übernachtungskosten von 5 242 DM geltend. In Höhe von 600 DM legte er entsprechende Einzelnachweise vor. Daneben machte er Übernachtungskosten von 4 642 DM ohne Einzelnachweis geltend. Das Finanzamt erkannte Übernachtungskosten lediglich in der nachgewiesenen Höhe an. Das FG gab der Klage teilweise statt, indem es weitere Werbungskosten von 1576 DM (8 DM pro Übernachtung) anerkannte. Die Revision des Klägers blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Wenn ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber anlässlich einer doppelten Haushaltsführung insgesamt für Unterkunft, Fahrtkosten und Verpflegung ohne LSt-Abzug weniger erstattet bekommt, als es nach Abschn. 43 Abs. 10 LStR 1993 möglich gewesen wäre, und der Arbeitnehmer daher bei seiner Jahresbesteuerung über die Gesamterstattung hinausgehende Beträge als Werbungskosten geltend macht, kann das Finanzamt bei der Berechnung der dem Arbeitnehmer insgesamt zustehenden Werbungskosten zwecks zutreffender Besteuerung den Nachweis der Unterkunftskosten verlangen. Entsprechendes hat der Senat für die Geltendmachung von Übernachtungskosten anlässlich einer Dienstreise entschieden[1]. Gleiches gilt, wenn ein Arbeitnehmer - wie im Streitfall - Übernachtungskosten anlässlich einer durch eine Einsatzwechseltätigkeit bedingten doppelten Haushaltsführung geltend macht. Wie eine Dienstreise ist auch eine doppelte Haushaltsführung bei der Geltendmachung des Teils der Werbungskosten, der den Arbeitgeberersatz übersteigt, einheitlich zu würdigen. Es ist nicht zulässig, die Erstattung des Arbeitgebers dahingehend zu würdigen, dass Auslösungsbeträge zunächst zur Abgeltung pauschal erstatteter Übernachtungskosten dienen und nur der über diese pauschale Abgeltung hinausgehende Auslösungsbetrag einen Ausgleich von Verpflegungsmehraufwendungen oder Reisekosten darstellen soll[2]. Die für den Kläger geltenden tarifvertraglichen Regelungen über den bei einer Montagetätigkeit zu entrichtenden Auslösungsbetrag führen zu keinem anderen Ergebnis.

Soweit feststeht, dass einem Arbeitnehmer durch eine doppelte Haushaltsführung bei Einsatzwechseltätigkeit oder durch eine Dienstreise dem Grunde nach Übernachtungskosten entstehen, deren Höhe aber nicht nachgewiesen ist, sind die entsprechenden Werbungskosten zu schätzen[3]. Im Streitfall hat das FG die Übernachtungskosten des Klägers mit durchschnittlich 8 DM pro Übernachtung geschätzt. Diese Schätzung lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Kläger erkennen. Welche Schätzungsmethode am besten dem Ziel gerecht wird, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen, ist grundsätzlich eine Frage der Tatsachenfeststellung durch das FG. Der BFH kann die Schätzung eines FG nur darauf überprüfen, ob sie überhaupt zulässig war und ob das FG anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze beachtet hat, d.h. ob das Ergebnis der Schätzung schlüssig und plausibel ist. Nach diesen Grundsätzen lässt die Schätzung des FG keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Kläger erkennen. Das FG hat festgestellt, dass Montagearbeiter im Streitjahr vielfach unentgeltlich oder zu einem Betrag von 5 DM je Nacht in Baustellencontainern übernachtet haben. Gegen diese tatsächlichen Feststellungen haben die Kläger keine Verfahrensrügen erhoben.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 12.9.2001 – VI R 72/97

[2] Vgl. ebenda
[3] Vgl. ebenda

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