Leitsätze (amtlich)

  1. Stellt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung, so ist der darin liegende Vorteil in aller Regel als Arbeitslohn zu erfassen.
  2. Erweist sich die Kfz-Gestellung jedoch unter objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Arbeitgebers, so wird der Vorteil nicht "für" die Beschäftigung gewährt und stellt deshalb keinen Arbeitslohn dar.
  3. Die Überlassung eines Werkstattwagens zur Durchführung von Reparaturen an Energieversorgungseinrichtungen im Rahmen einer Wohnungsrufbereitschaft führt auch dann nicht zu Arbeitslohn, wenn das Fahrzeug in dieser Zeit für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung steht.
 

Sachverhalt

Die Klägerin, die X-Energie-AG, stellte Arbeitnehmern während der Dauer der Wohnungsrufbereitschaften Dienstfahrzeuge auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung. Alle Einsatzfahrzeuge - Transporter, Kombifahrzeuge oder PKW mit Heckklappe - waren für die Behebung von Schäden und Störungen an Stromversorgungsanlagen mit Materialien und Werkzeugen ausgerüstet; bei den PKW war i.d.R. die hintere Sitzbank entweder ausgebaut oder mit Einsatzmaterialien belegt. Während der jeweils einwöchigen Wohnungsrufbereitschaften mussten die eingeteilten Arbeitnehmer im Anschluss an den regulären Dienst zu Hause erreichbar sein, um im Störungsfall sofort eingesetzt werden zu können. Das Finanzamt meinte, die Gestellung eines Dienstfahrzeuges für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte führe zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Die nachzuversteuernden Beträge wurden, soweit möglich, nach § 40 Abs. 2 EStG, der Restbetrag nach § 40 Abs. 1 EStG erfasst. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt[1]. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Ob der in der Kfz-Gestellung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte liegende Vorteil Arbeitslohn ist, richtet sich allein nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats gehören zum Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG u.a. Vorteile, die "für" eine Beschäftigung gewährt werden. Der dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendete Vorteil muss Entlohnungscharakter haben. Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen[2]. Der Arbeitslohncharakter fehlt, wenn der Vorteil im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt wird.

Danach stellt die Kfz-Gestellung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.d.R. Arbeitslohn dar[3]. Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Auch bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten PKW kann ausnahmsweise die Überlassung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgen. Im Streitfall stellt die Kfz-Gestellung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte keinen Arbeitslohn dar. Bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erweist sich die fragliche Kfz-Gestellung nicht als Entlohnung "für" die Beschäftigung, sondern als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen. Mit der Kfz-Gestellung während der Dauer der Wohnungsrufbereitschaft verfolgte die Klägerin allein das Ziel, dass ihre Arbeitnehmer beim Auftreten von Störungen an der Elektrizitätsversorgung schnellstmöglich mit der Schadensbeseitigung beginnen konnten. Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer von seiner Wohnung aus den Schadensort mit dem Einsatzfahrzeug schneller erreichen kann, als wenn er zunächst mit dem privaten Kfz den Betriebssitz der Klägerin aufsuchen müsste, um dort das Einsatzfahrzeug zu übernehmen und erst anschließend zum Schadensort zu gelangen. Aufgrund der bestehenden Versorgungsverträge war die Klägerin im Schadensfall verpflichtet, Störungen der Energieversorgung schnellstmöglich zu beseitigen. Im übrigen mussten die für die Wohnungsrufbereitschaft eingeteilten Mitarbeiter auch während der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte über die mit Funk ausgestatteten Einsatzfahrzeuge erreichbar sein. Die Einteilung der Arbeitnehmer zu den Wohnungsrufbereitschaften geschah nicht zu dem Zweck, ihnen durch die Überlassung der Einsatzfahrzeuge auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eine Vergünstigung zu gewähren. Dies folgt auch aus der Art der Einsatzfahrzeuge und dem in ihnen zur Schadensbeseitigung mitgeführten Material. Hinzu kommt, dass die Arbeitnehmer die Einsatzfahrzeuge während der Dauer der jeweiligen Wohnungsrufbereitschaften nur für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und für die jeweiligen Reparatureinsätze, nicht aber für Privatfahrten nutzen durften. Das eigene Interesse der einzelnen Arbeitnehmer kann dagegen vernachlässigt werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 25.5.2000 - VI R 1...

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