Leitsatz

  1. Tilgt der Steuerpflichtige beim sog. "umgekehrten 2-Konten-Modell" mit eingehenden Betriebseinnahmen einen Sollsaldo, der durch Entnahmen entstanden ist oder sich erhöht hat, liegt im Zeitpunkt der Gutschrift eine Entnahme vor, die bei der Ermittlung der Überentnahmen i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 zu berücksichtigen ist (Anschluss an BFH-Urteil v. 21.9.2005, X R 46/04, BStBl 2006 II S. 125).
  2. Die der Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 zugrunde zu legenden Überentnahmen sind in einem Verlustjahr nicht höher als der Betrag anzusetzen, um den die Entnahmen die Einlagen des Wirtschaftsjahrs übersteigen (Bestätigung der Verwaltungsauffassung in BMF-Schreiben v. 22.5.2000, BStBl 2000 I S. 588, Tz. 11).
 

Sachverhalt

Ein Gesellschafter einer Personengesellschaft entnahm im Jahr 2001 dem Girokonto 260.000 DM. Das Konto wies bereits einen Sollsaldo auf und wurde in der Folgezeit durch Betriebseinnahmen aufgefüllt. In den Jahren 2000 und 2001 erzielte die Gesellschaft Verluste, während sie 1999 noch einen – gegenüber den Entnahmen – niedrigeren Gewinn erwirtschaftet hatte. Bei der Berechnung der hinzuzurechnenden Schuldzinsen stufte das Finanzamt die Betriebseinnahmen, die das Girokonto aufgefüllt hatten, als Entnahmen ein. Die Unterentnahme aus 1999 wurde mit dem Verlust aus 2000 verrechnet. Den Rest des Verlusts 2000 sowie den Verlust 2001 berücksichtigte das Finanzamt nicht. FG und BFH folgten dem.

 

Kommentar

Praxishinweis

Das umgekehrte 2-Konten-Modell will ausnutzen, dass die Zinshinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG nicht für privat veranlasste Schuldzinsen gilt; diese sind nicht als Betriebsausgabe abziehbar. Folglich sind auch zugehörige Entnahmen nicht in die Berechnung der Überentnahme einzubeziehen. Führt eine Entnahme vom betrieblichen Girokonto zu einem Sollsaldo, werden die dadurch verursachten Zinsen zwar nicht als Betriebsausgabe anerkannt. Es wird aber auch der Entnahmebetrag nicht zur Korrektur der sonstigen Schuldzinsen herangezogen. Die Entnahme führt zur Aufspaltung des Girokontos in einen privaten und einen betrieblichen Teil. Da Zahlungseingänge zunächst den privaten Teil des Kontos auffüllen, mindern sie erst einmal den nicht abziehbaren privat veranlassten Zinsbetrag, während der betrieblich veranlasste Teil zu abziehbaren Schuldzinsen führt. Dies führt dazu, dass betriebliche Zahlungseingänge, die den privaten Sollsaldo mindern, als Entnahmen anzusehen sind, auch wenn sie auf dem betrieblichen Kontokorrentkonto verbleiben. Würde man Verluste ebenso wie Gewinne behandeln, könnte es in Verlustjahren zu Überentnahmen kommen, auch wenn nichts entnommen wurde. Die Finanzverwaltung zieht Verluste deshalb nur beschränkt für die Berechnung heran: Verluste werden zum Ausgleich von Unterentnahmen in Vor- und Folgejahren herangezogen und sind mit Gewinnen in Folgejahren zu verrechnen. Dies ist rechtens.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 3.3.2011, IV R 53/07.

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