1 Nachhaltigkeit wird im Finanzwesen Standard

Die regulatorischen Entwicklungen der EU werden auf nationaler Ebene umgesetzt. Der Zeitplan schreitet zügig voran und wird bereits 2021/22 deutliche Wirkungen zeigen.

Abbildung 1: Zeitplan gesetzlicher Änderungen und Auswirkungen (Quelle: GSF )

Die konkreten Auswirkungen sind bereits kurzfristig bei Fonds- und Asset Management-Gesellschaften zu spüren. Diese passen die Bewertung ihrer Bestände, Investitionsstrategien und ihr Nachhaltigkeitsmanagement auf die Offenlegungspflichten an. Die Finanzwirtschaft wird durch die EU-Regularien, den Kapitalmarkt und durch die BaFin/Bundesbank veranlasst, auf CO2- und Social Impact-Auswirkungen zu achten. Das "Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken" der BaFin vom Januar 2020 sagt auf Seite 6 unmissverständlich[1]:

 

"Die BaFin erwartet, dass die beaufsichtigten Unternehmen sich mit den entsprechenden Risiken auseinandersetzen."

Betroffen sind sämtliche Bereiche von Ratings, Risikomanagement, Geschäftsorganisation, verantwortliche Unternehmensführung etc. Dies führt dazu, dass die Themen "Nachhaltigkeit", "ESG", "CSR" und "Nachhaltigkeitsrisiken" in die Geschäftspolitik und Unternehmenssteuerung der Kreditwirtschaft zeitnah Einzug finden werden.

2 Betroffenheit der Wohnungswirtschaft auf mehreren Ebenen

Ein Wohnungsunternehmen, das "Grüne Finanzierungsinstrumente" nutzen will, wird sich generell mit den Regularien, Kapitalmarktusancen und sich entwickelnden Standards auseinander setzen müssen. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit diesen Finanzierungsinstrumenten ermöglicht Know-how-Gewinn,
  • eine Verknüpfung von Aktiv- und Passivseite und damit ein sehr deutliches Bekenntnis zur Nachhaltigkeit wird von Stakeholdern und Finanzmarkt wahrgenommen,
  • das Reporting und die Instrumente werden konsequent ausgebaut und mit Finanzierungsfokus erweitert,
  • es werden Nachteile vermieden, die bei klassischen Finanzierungen in der Zukunft entstehen (Bewertung, Zinsaufschlag, Verfügbarkeit von Krediten).
 

Ein Umstellungsdruck besteht noch nicht, heute muss noch keine "Grüne Finanzierung" genutzt werden. Dennoch lässt sich erwarten, dass der Kapitalmarkt und die Kreditwirtschaft zunehmend stärker auf Nachhaltigkeitsrisiken und Berichte der Unternehmen schaut, unabhängig davon, welche Finanzierungsinstrumente genutzt werden.

Am stärksten werden neben Fonds und kapitalmarktorientierten Gesellschaften zunächst Projektentwickler / Bauträger betroffen sein. Sie entwickeln die Produkte, die in einigen Jahren vom Markt abgenommen werden. Dennoch, auch Gesellschaften mit hohen Neubauvolumen werden sich fragen müssen, welche Standards in der Zukunft von der Kreditwirtschaft und Mietern erwartet und wie diese Erwartungen sich auf ihre Unternehmensstrategie auswirken werden. Die Beratungsgesellschaft Deloitte hat eine Matrix mit Fokus auf den Kapitalmarkt erstellt, um die Betroffenheiten und Beiträge der Marktakteure zu verdeutlichen. Die nachstehende Grafik übersetzt dies für die Wohnungswirtschaft:

Abbildung 2: ESG-Betroffenheit in der Immobilienwirtschaft (Quelle: GSF)

Die Wohnungsgenossenschaften sind weniger betroffen als die kapitalmarktorientierten und kommunalen Wohnungsunternehmen. Dennoch wird die Betroffenheit über den klassischen Bankkredit zunehmen. Die kommunalen Gesellschaften sind noch stärker gefordert, da die Kommunen und Länder eine nachhaltige Finanzpolitik anstreben und verstärkt von kommunalen Gesellschaften die Nutzung des Sustainable Finance Marktes erwarten. So nahm die Hamburger Hochbahn als erster deutscher Verkehrsbetrieb im Februar 2021 einen Green Bond über 500 Mio. EUR auf, mit einem Kupon von 0,23 % p. a. für 10 Jahre Zinsbindung. Die Anleihe war 6-fach überzeichnet.[1] Die Förderbanken werden mit Social Bonds aktiv. Die Gesellschafter der kommunalen Wohnungsunternehmen prüfen, welche Vorgaben zur Nachhaltigkeit den Unternehmen und der Geschäftsführung beauflagt werden, um Aktiv- und Passivseite der Bilanz miteinander zu verknüpfen und einen noch höheren Wirkungsgrad an Nachhaltigkeit in den Unternehmensverhalten zu erzielen.

3 Beleihungsbewertung, Refinanzierungsmärkte und Risikobeurteilung wirken auf den Hypothekenkredit

Mit der zunehmenden Relevanz von Nachhaltigkeit gewinnt das Thema auch seinen Stellenwert in der Immobilienbewertung. Nachhaltigkeitsaspekte wie Energieverbrauch und Verwendung umweltverträglicher Materialien beeinflussen den Wert und die Wertentwicklung von Immobilien und dies wird künftig stärker von den Gutachtern in ihre Bewertungen einbezogen.

Für Kreditinstitute helfen im harten Ertragswettbewerb auch grüne Beleihungsportfolien, da diese am Kapitalmarkt stark nachgefragt werden. So wird die Immobiliensicherheit eines klassischen Hypothekenkredits ungeplant zum grünen Asset bei der Refinanzierung. Mit der Regelprüfung von Beleihungsobjekten können künftig die Daten erhoben werden und es ist anzunehmen, dass Nachhaltigkeitsrisiken hier dann ...

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