Leitsatz

Bringt der Gesellschafter einer realgeteilten Personengesellschaft die ihm bei der Realteilung zugewiesenen Wirtschaftsgüter anschließend in eine mit einem Dritten errichtete Personengesellschaft ein, kann diese die eingebrachten Wirtschaftsgüter auch dann mit dem Teilwert ansetzen, wenn für sie bei der Ermittlung des Realteilungsgewinns Buchwerte angesetzt wurden.

 

Sachverhalt

Eine Steuerberatersozietät (GbR 1) wurde zum 30.4.1987 unter Aufdeckung sämtlicher stillen Reserven einschließlich eines "Praxiswerts (Mandantenstamm)" auf ihre beiden Gesellschafter real geteilt. Da dem Steuerberater S ein größerer als ihm an sich zustehender Anteil überlassen wurde, zahlte er an seinen Sozius eine Ausgleichszahlung von 25000 DM. Das Finanzamt ging im Anschluss an eine Außenprüfung davon aus, dass in der Realteilungsschlussbilanz stille Reserven in Form eines Praxiswerts nicht aufgedeckt werden können. Der entsprechende Änderungsbescheid wurde bestandskräftig.

Zum 1.5.1987 gründete S mit einem anderen Steuerberater eine neue Sozietät (GbR 2), in die er die ihm durch die Realteilung der GbR 1 zugewiesenen Wirtschaftsgüter einbrachte. Nach dem Sozietätsvertrag sollte S von seinem neuen Sozius für die Einbringung des Mandantenstamms 180000 DM erhalten. In seiner Ergänzungsbilanz aktivierte S u.a. die Hälfte des von der GbR 1 übernommenen Mandantenstamms und wollte diesen Wert in vier Jahren abschreiben. Das Finanzamt versagte die Aktivierung und Abschreibung insoweit, als der eingebrachte Mandantenstamm die frühere Ausgleichszahlung überstieg, da diese stillen Reserven in der Realteilungsschlussbilanz nicht aufgedeckt wurden. Die Klage gegen die Feststellungsbescheide hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die GbR 2 in ihrer Eröffnungsbilanz an die Werte in der Realteilungsschlussbilanz gebunden sei. Die Wertansätze bei der GbR 2, um deren Gewinn es hier geht, bestimmen sich nach den für die Einbringung geltenden Grundsätzen. Denn S hat die ihm im Rahmen der Realteilung der GbR 1 zugeteilten Wirtschaftsgüter gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die GbR 2 eingebracht. Die GbR 2 hat deshalb nach § 24 Abs. 2 S. 1 und 3 UmwStG ein Wahlrecht, das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz und in den Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter entweder mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert, höchstens mit dem Teilwert, anzusetzen. Die Grundsätze, die die Rechtsprechung zur Realteilung von Personengesellschaften entwickelt hat, also insbesondere die Fortführung der in der Realteilungsschlussbilanz gewählten Bilanzansätze in den Bilanzen der Realteiler, finden hier keine Anwendung. Schließt sich an die Realteilung auf Grund einer gesonderten Vereinbarung eine Einbringung der zugeteilten Wirtschaftsgüter in eine andere Personengesellschaft an, haben die für die Einbringung geltenden Gesetzesbestimmungen Vorrang.

 

Praxishinweis

Obwohl die Realteilung der GbR 1 von dem Steuerberater mit dem Ziel durchgeführt wurde, mit den realgeteilten Wirtschaftsgütern sogleich eine neue GbR 2 zu gründen, sieht der BFH die Einbringung als ein von der Realteilung zu trennendes Rechtsgeschäft an. Ein sog. Wertverknüpfungszwang zwischen dem Ansatz der Wirtschaftsgüter in der Realteilungsschlussbilanz der geteilten Gesellschaft und in der Eröffnungsbilanz der übernehmenden Gesellschaft[1] besteht nach Auffassung des BFH nicht.

Durch den Vorrang der Einbringungsgrundsätze vor den Realteilungsgrundsätzen entsteht in derartigen Fällen keine Lücke in der Besteuerung. Wenn eine Personengesellschaft in ihrer Realteilungsschlussbilanz die Teilwerte ansetzt, werden die stillen Reserven als Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 3 EStG von den Realteilern versteuert. Führt die realgeteilte Gesellschaft die Buchwerte fort, sind die Realteiler in ihren unmittelbar an die Realteilungsbilanz anschließenden (Fortführungs-)Eröffnungsbilanzen an die Buchwerte gebunden. Für die Realteiler ergibt sich dann ein Einbringungsgewinn, wenn die im Rahmen der Realteilung zugewiesenen Wirtschaftsgüter nach Einbringung bei der aufnehmenden Gesellschaft mit dem Teilwert angesetzt werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 4.5.2004, XI R 7/03

[1] Vgl. dazu Weber-Grellet, in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., München 2004, § 5 EStG, Rz. 46

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