Leitsatz

  1. Die verdeckte Einlage von Wirtschaftsgütern des bisherigen Einzelunternehmers und jetzigen Besitzunternehmers in das Betriebsvermögen einer zuvor zwischen ihm und einem nahen Angehörigen durch Bargründung errichteten (Betriebs-)GmbH führt zu einer Entnahme der betreffenden Wirtschaftsgüter durch den Besitzunternehmer und damit zu einer Gewinnrealisierung in Höhe des Bruchteils, welcher der Beteiligungsquote des nahen Angehörigen an der Betriebs-GmbH entspricht.
  2. Übertrug der Besitzunternehmer vor In-Kraft-Treten des § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 Teile seines Betriebsvermögens teilentgeltlich auf die Betriebs-GmbH, so sind die Übertragungsvorgänge hinsichtlich jeden einzelnen Wirtschaftsguts im Verhältnis des Entgelts zum Teilwert in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Hinsichtlich der entgeltlichen Teile liegen (gewinnrealisierende) Veräußerungsgeschäfte und bezüglich der unentgeltlichen Teile verdeckte Einlagen vor.
 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige betrieb bis zum Streitjahr 1997 ein gewerbliches Einzelunternehmen. Im August 1997 errichtete sie zusammen mit ihrem Sohn S durch Bargründung die B-GmbH, an deren Stammkapital die Steuerpflichtige mit 60 % und S mit 40 % beteiligt waren. Im September 1997 veräußerte die Steuerpflichtige alle Aktiva und Passiva mit Ausnahme des Betriebsgrundstücks zu Buchwerten an die B-GmbH. Das Grundstück vermietete sie an die GmbH.

Das Finanzamt meinte, in Höhe der auf S entfallenden Beteiligungsquote von 40 % liege hinsichtlich der zum Buchwert übertragenen Wirtschaftsgüter eine (gewinnrealisierende) Entnahme vor. Das FG teilte in seinem Zwischenurteil diese Auffassung. Die Revision der Steuerpflichtigen blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Die Steuerpflichtige hat die beweglichen aktiven Wirtschaftsgüter ihres Betriebsvermögens an die Betriebs-GmbH gegen Zahlung eines Entgelts in Höhe des Buchwerts übertragen. Da es sich um den (teilentgeltlichen) Transfer lediglich von Teilen des bisherigen Einzelunternehmens auf die Betriebs-GmbH handelt, sind die einzelnen Übertragungsvorgänge im Verhältnis der Veräußerungsentgelte zu den Teilwerten jeweils in ein voll entgeltliches und in ein voll unentgeltliches Geschäft aufzuteilen. Die auf den entgeltlichen Teil entfallenden stillen Reserven sind stets zu realisieren.

Hinsichtlich des unentgeltlichen Teils des jeweiligen Übertragungsvorgangs lag eine verdeckte Einlage vor, die nur insoweit nicht den (Ersatz-)Realisationstatbestand der Entnahme der übertragenen aktiven Wirtschaftsgüter aus dem Besitzunternehmen auslöste, als die stillen Reserven auf die Beteiligungsquote der Steuerpflichtigen von 60 % entfielen. Der Entnahmegewinn der Steuerpflichtigen bestand daher in der Differenz zwischen 40 % der auf die unentgeltlichen Teile der Übertragungsgeschäfte entfallenden Teilwerte der transferierten aktiven Wirtschaftsgüter und 40 % der auf die unentgeltlichen Teile entfallenden Buchwerte.

 

Praxishinweis

Im Streitfall lagen unzweifelhaft die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung zwischen der Steuerpflichtigen als Besitzunternehmerin und der B-GmbH als Betriebsgesellschaft vor. Vor In-Kraft-Treten des § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 am 1.1.1999 ließen Rechtsprechung und Finanzverwaltung die gewinnneutrale Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter vom Besitzunternehmen auf die Betriebs-GmbH zu[1]. Dies galt aber nur – wie das Besprechungsurteil zutreffend ausführt – mit einer zweifachen Einschränkung:

  1. Soweit die Übertragung der einzelnen Wirtschaftsgüter auf die Betriebs-GmbH gegen – wenn auch nur unter dem Verkehrswert liegendes – Entgelt erfolgte, kam es zwingend zu einer Gewinnrealisierung durch Veräußerung. Teilentgeltliche Geschäfte sind in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuspalten[2].
  2. Hinsichtlich der unentgeltlichen Teile der Übertragungen, d.h. der verdeckten Einlagen, kommt ein erfolgsneutraler Transfer auf die Betriebs-GmbH insoweit nicht in Betracht, als nahe Angehörige an der Betriebs-GmbH beteiligt sind. Das Besprechungsurteil folgt damit der schon bisher von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung[3].
 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 16.6.2004, X R 34/03

[2] Sog. Trennungstheorie im Gegensatz zu der bei der Übertragung ganzer Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile geltenden Einheitstheorie; vgl. dazu z.B. Wacker, in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., München 2004, § 16 Rz. 58, 59

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen