Leitsatz (amtlich)

Das Verfassen von Anleitungen zum Umgang mit technischen Geräten ist eine schriftstellerische Tätigkeit, wenn der auf der Grundlage mitgeteilter Daten erstellte Text als eine eigenständige gedankliche Leistung des Autors erscheint.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte in den Streitjahren 1991 und 1992 Einkünfte als "Technischer Redakteur", die das Finanzamt als gewerblich behandelte. Er war staatlich geprüfter Maschinenbautechniker und zunächst als technischer Angestellter auf einer Werft (Angebote, Rechnungserteilung, Durchführung von Reparaturprojekten) tätig. Nach einem Arbeitgeberwechsel 1978 wurde er Sachbearbeiter für Marinelogistik (Koordination und Anfertigung von technischen Beschreibungen, Dienstvorschriften und Betriebsführungsplänen). 1980 wechselte er zu einem Elektronikkonzern und wurde dort nach einer firmeninternen sechsmonatigen Ausbildung zum "Technischen Redakteur" im Bereich der Marinetechnik verantwortlich für das Aufgabengebiet Betriebs- und Anlagendokumentation. 1986 übernahm der Kläger den Aufbau einer Abteilung Graphische Dokumentation (Erstellung eines Systemhandbuchs für die Antriebsanlage eines Marineschiffs, Ausbildung von Mitarbeitern zu technischen Redakteuren) in einem Logistikunternehmen und leitete diese Abteilung bis 1988. Nach anschließender einjähriger Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH machte sich der Kläger 1989 selbständig und übernahm allein oder im Rahmen eines Teams vorwiegend technische Dokumentationsarbeiten (Erstellung von Handbüchern, Montage-, Betriebs-, Wartungs- und Reparaturanleitungen, Schulungsunterlagen). Außerdem war der Kläger mit der Projektkoordinierung einer Großkläranlage sowie der Untersuchung von Ersatzteilen auf vereinfachte Handhabung und Wartung betraut. Der Kläger ging von einer freiberuflichen Tätigkeit aus. Das FG wies die gegen die GewSt-Messbescheide erhobene Klage ab[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

  1. Im Streitfall hatte der Kläger vor dem FG beantragt, ein Gutachten zur Klärung der Frage einzuholen, ob die vorgelegten praktischen Arbeiten den Rückschluss auf die für die Annahme eines ingenieurähnlichen Berufs erforderlichen Kenntnisse zulassen. Diesen Antrag durfte das FG nicht ablehnen. Die Tätigkeit eines Technischen Redakteurs kann nach dem substantiierten Vorbringen des Klägers nicht ohne weiteres als nicht mit dem Ingenieurberuf vergleichbar angesehen werden. Wie sich aus einem vom Kläger vorgelegten Zeugnis über die Teilnahme an einem Fortbildungslehrgang zum Technischen Redakteur ergibt, waren dazu an sich nur diplomierte oder graduierte Ingenieure zugelassen. Dies lässt darauf schließen, dass die Arbeit des Technischen Redakteurs als eine nur von Ingenieuren zu leistende Tätigkeit angesehen wurde. Auch der seit 1991 von der Fachhochschule Hannover angebotene Studiengang zum Diplom-Redakteur lässt es als denkbar erscheinen, dass sich die Technische Redaktion zu einem eigenständigen Bereich der Ingenieurtätigkeit entwickelt hat. Der Senat kann mangels ausreichender Sachkunde allerdings kein abschließendes Urteil hierzu abgeben. Dazu bedarf es vielmehr einer sachkundigen Begutachtung der Frage, was die Tätigkeit eines Technischen Redakteurs prägt, in welchem Verhältnis sie zu den hergebrachten Ingenieurberufen steht und welche Kenntnisse zur Ausübung des Berufs erforderlich sind. Sollte Ergebnis der Begutachtung sein, dass Tätigkeit und Ausbildung eines Technischen Redakteurs mit derjenigen eines Ingenieurs vergleichbar sind, übt ein Steuerpflichtiger, der die betreffenden Kenntnisse besitzt und als Technischer Redakteur tätig ist, einen ingenieurähnlichen Beruf i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus.
  2. Das FG ist außerdem nicht der Frage nachgegangen, ob der Kläger nicht ganz oder teilweise dadurch freiberufliche Einkünfte bezogen hat, dass er schriftstellerisch i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG tätig geworden ist. Schriftstellerisch tätig wird nach der Rechtsprechung derjenige Steuerpflichtige, der eigene Gedanken mit den Mitteln der Sprache schriftlich für die Öffentlichkeit niederlegt[2]. An die Voraussetzung, dass eigene Gedanken ausgedrückt werden, sind dabei keine besonderen Anforderungen zu stellen. So hielt es der Senat für ausreichend, dass bei der Erstellung eines Vorschriftensuchregisters Stichworte vergeben wurden und der zu verarbeitende Rechtsstoff diesen zugeordnet wurde[3] oder dass ein Software-Lernprogramm entwickelt und das Drehbuch zu einem Videofilm über die Bedienung eines Computers geschrieben

wurde[4]. Von einer solchen Tätigkeit unterscheidet sich diejenige eines Technischen Redakteurs nicht wesentlich, wenn er Anleitungen zum Umgang mit technischen Geräten auf der Grundlage ihm mitgeteilter Daten verfasst und sich der erstellte Text als eine eigenständige gedankliche Leistung darstellt.

Ob der Kläger bei Erstellung seiner Anleitungen eigene Gedanken in den Texten ausgedrückt hat, kann nach den bisherig...

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