Leitsatz

  1. Der Tarifvergünstigung unterliegt eine Entschädigung abzüglich der sachlich unmittelbar mit ihr in Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten.
  2. Fallen mit der Entschädigung zusammenhängende Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten in einem der Vereinnahmung der Entschädigung vorausgehenden Besteuerungszeitraum an, mindern sie die regelbesteuerten Einkünfte dieses Zeitraums. Entsprechend mindert sich der dem ermäßigten Tarif unterliegende Betrag in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Entschädigung als Einnahme zu erfassen ist.
 

Sachverhalt

Eine OHG war als Vertragshändlerin für Lieferanten tätig, die ihre Händlerverträge kündigten und aufgrund eines schiedsgerichtlichen Verfahrens 1994 und 1995 Ausgleichszahlungen leisteten. In ihrem Jahresabschluss zum 31.12.1993 erfasste die OHG einen Kostenvorschuss für das Schiedsverfahren an ihren Rechtsanwalt als Betriebsausgabe. Außerdem bildete sie eine Rückstellung für weitere Verfahrenskosten. Im folgenden Wirtschaftsjahr wurde die Rückstellung bis auf einen Restbetrag aufgelöst. Zugleich erfasste die OHG Ausgleichsansprüche von insgesamt 3 484 150 DM als Betriebseinnahme, die den Anspruch aus dem schiedsgerichtlichen Vergleich durch Einbuchung einer Forderung einschlossen. Das Finanzamt behandelte dagegen die im Jahr 1993 gewinnmindernd erfassten Kosten des Schiedsverfahrens wegen ihres sachlichen Zusammenhangs mit den Entschädigungsleistungen als Betriebsausgaben des Jahres 1994. Als tarifbegünstigte Entschädigung wurden dabei für das Jahr 1994 nur noch 3 154 345 DM festgestellt. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision. Der BFH hat die Sache zurückverwiesen.

 

Entscheidung

Auch bei der Ermittlung der Einkünfte i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG können nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung im Veranlagungszeitraum der Vereinnahmung einer Entschädigung nicht damit zusammenhängende Betriebsausgaben berücksichtigt werden, die in anderen Veranlagungszeiträumen entstanden sind. Da die Regelung in den §§ 24 Nr. 1, 34 Abs. 2 EStG nicht die Einnahmen, sondern die Einkünfte erfasst[1], unterliegen der Tarifvergünstigung Entschädigungen abzüglich sachlich unmittelbar mit ihnen in Zusammenhang stehender Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten[2]. Diese Einkünfte sind nach den allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln. Danach sind in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Entschädigung nach allgemeinen Grundsätzen als (Betriebs-)Einnahme zu erfassen ist, zur Ermittlung der außerordentlichen Einkünf-te die im gleichen Veranlagungszeitraum verausgabten Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben von der Entschädigung abzuziehen. Dabei ist die Entschädigung in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie vereinnahmt wird, nur insoweit tarifbegünstigt, als nicht in früheren Veranlagungszeiträumen mit der Entschädigung zusammenhängende Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten die Einkünfte gemindert haben. Fallen Ausgaben in früheren Veranlagungszeiträumen an, mindern sie dort die dem Regelsteuersatz unterliegenden Einkünfte. Bliebe dies im Jahr der Vereinnahmung der Entschädigung unberücksichtigt, würde mehr als der Nettobetrag der Entschädigungseinkünfte tarifbegünstigt besteuert. Dem Zweck der §§ 24 Nr. 1, 34 EStG entspricht es deshalb, im Veranlagungszeitraum der Vereinnahmung den ermäßigten Tarif auf die Nettoentschädigung des Veranlagungsjahrs abzüglich bereits früher berücksichtigter Ausgaben anzuwenden. Der Differenzbetrag unterliegt dann in diesem Zeitpunkt dem Regelsteuersatz, so dass im Ergebnis nur der Nettobetrag der Entschädigung dem ermäßigten Steuersatz unterworfen wird. Im Streitfall unterliegt danach im Jahr 1994 nur der Teil der festgestellten Entschädigungseinkünfte dem ermäßigten Steuersatz, der sich aus der im Jahr 1994 vereinnahmten Nettoentschädigung abzüglich des im Jahr 1993 als Betriebsausgabe behandelten Betrags ergibt.

 

Praxishinweis

Laut BFH[3] sind Veräußerungskosten auch dann bei der Ermittlung des nach den §§ 34, 16 EStG begünstigten Veräußerungsgewinns abzuziehen, wenn sie bereits im Veranlagungszeitraum vor dem Entstehen des Veräußerungsgewinns angefallen sind. Diese Rechtsprechung beruht auf einer Auslegung des § 16 Abs. 2 EStG; § 24 Nr. 1 EStG enthält eine solche ausdrückliche Regelung nicht. Darüber hinaus sind die Sachverhalte, die typischerweise Veräußerungsgewinnen und Entschädigungen zugrunde liegen, unterschiedlich, so dass eine entsprechende Behandlung der Entschädigungen nach Ansicht des BFH nicht gerechtfertigt ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 26.8.2004, IV R 5/03

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