Leitsatz (amtlich)

Der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ist nicht tarifbegünstigt, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung wesentliche Betriebsgrundlagen der Personengesellschaft ohne Aufdeckung sämtlicher stillen Reserven aus dem Betriebsvermögen der Gesellschaft ausgeschieden sind.

 

Sachverhalt

Die Kläger waren zu Beginn des Streitjahres 1989 Kommanditisten der A-GmbH & Co. KG, die zusammen mit anderen beteiligungsidentischen Gesellschaften zur A-Gruppe gehörte. Ende 1988/Anfang 1989 wurde die Firmengruppe mit dem Ziel umstrukturiert, die verschiedenen Geschäftsbereiche jeweils einer operativ tätigen Gesellschaft zuzuordnen und diesen Gesellschaften eine Holding vorzuschalten. Die KG verkaufte in diesem Zusammenhang mit Wirkung zum 1.1.1989 Grundstücke und Gebäude aus ihrem Betriebsvermögen zum Buchwert an mehrere Schwestergesellschaften. Zugleich wurden Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften aus dem Betriebsvermögen der KG auf Schwestergesellschaften zum Buchwert übertragen. Dementsprechend wurden die sog. Darlehenskonten der Kläger bei der KG vermindert, während bei der jeweiligen Schwestergesellschaft teilweise die Kommanditeinlagen, sonst ebenfalls die sog. Darlehenskonten erhöht wurden. Anschließend veräußerten die Kläger im Februar 1989 ihre Kommanditanteile an der KG zum Teilwert an die künftige Holdinggesellschaft, deren Kommanditisten ebenfalls die Kläger waren. Der Veräußerungsgewinn der Kommanditisten aus diesem Geschäft betrug insgesamt rd. 78 Mio. DM. Das Finanzamt behandelte diesen Gewinn als laufenden Gewinn. Es seien nicht alle stillen Reserven aufgedeckt worden, weil in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang wesentliche Betriebsgrundlagen mit erheblichen stillen Reserven zum Buchwert übertragen worden seien. Klage und Revision der Klägerin blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Der BFH hat im Hinblick auf den Zweck der §§16, 34 EStG, die zusammengeballte Realisierung der stillen Reserven zu begünstigen, die Tarifvergünstigung in solchen Fällen nicht gewährt, in denen im Rahmen des Veräußerungs- oder Aufgabevorgangs nicht alle stillen Reserven in dem veräußerten Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil aufgedeckt worden sind. Danach liegt weder eine begünstigte Betriebsveräußerung noch eine begünstigte Betriebsaufgabe vor, wenn der Unternehmer wesentliche Betriebsgrundlagen bei einer Veräußerung seines übrigen Betriebs oder Teilbetriebs zurückbehält und für eine andere betriebliche Tätigkeit nutzt[1]. Ebenfalls hat der BFH die Begünstigung versagt, wenn ein Mitunternehmer seinen Gesellschaftsanteil veräußert, zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörende wesentliche Betriebsgrundlagen aber in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang damit ohne Aufdeckung der stillen Reserven in ein anderes Betriebsvermögen überführt[2]. Gleiches gilt in Fällen der Betriebsaufgabe, wenn etwa bei Aufgabe der Mitunternehmerschaft ein Mitunternehmer eine zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörende wesentliche Betriebsgrundlage zum Buchwert in ein anderes Sonderbetriebsvermögen überführt[3]. Der Zweck der Tarifvergünstigung gebietet es, sie auch dann nicht zu gewähren, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils wesentliche Betriebsgrundlagen der Personengesellschaft ohne Aufdeckung sämtlicher stillen Reserven aus dem Betriebsvermögen der Gesellschaft ausgeschieden sind. Denn dann sind durch die Veräußerung nicht alle in den Mitunternehmeranteilen ruhenden stillen Reserven aufgedeckt worden. Die Veräußerung der Mitunternehmeranteile darf nicht isoliert von einer vorherigen Buchwertübertragung betrachtet werden.

Die Übertragung der Beteiligungen und Grundstücke auf Schwesterpersonengesellschaften zu Buchwerten war im Streitfall zulässig. Die Voraussetzungen für tarifbegünstigte Anteilsveräußerungen der Kläger waren danach nicht erfüllt, weil nicht alle in den wesentlichen Betriebsgrundlagen ruhenden stillen Reserven aufgedeckt worden sind. Durch die Übertragung von Grundstücken und Beteiligungen zum Buchwert sind den Mitunternehmeranteilen stille Reserven aus wesentlichen Betriebsgrundlagen entzogen worden. Die betreffenden Wirtschaftsgüter enthielten nach den Feststellungen des FG erhebliche stille Reserven und waren wesentliche Betriebsgrundlagen der KG. Die Buchwertübertragungen waren Bestandteil der gesamten Planung zur Umstrukturierung der Unternehmensgruppe. Bei einem zeitlichen Abstand von weniger als acht Wochen kann im Hinblick auf die Rechtsprechung zur zeitlich gestreckten Betriebsaufgabe der enge zeitliche Zusammenhang nicht zweifelhaft sein.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 6.9.2000 – IV R 18/99

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