Leitsatz (amtlich)

Umfasst ein Mitunternehmeranteil auch Sonderbetriebsvermögen, das zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen zu rechnen ist, so ist bei Veräußerung eines Teilanteils der dabei entstehende Gewinn nur dann ermäßigt zu besteuern, wenn auch ein entsprechender Bruchteil des Sonderbetriebsvermögens veräußert wird.

 

Sachverhalt

Die Kläger, Vater und Tochter, betreiben seit Januar 1991 eine Zahnarztpraxis in Form einer GbR. Der Kläger war ursprünglich zu 70 % und die Klägerin zu 30% an der GbR beteiligt. Der Kläger veräußerte am 2.1.1992 von seinem GbR-Anteil einen Anteil von 30 % an Z und einen Anteil von 10 % an die Klägerin. Das im Sonderbetriebsvermögen des Klägers enthaltene Grundstück mit Praxisgebäude wurde nicht anteilig mitveräußert, sondern im Sonderbetriebsvermögen des Klägers zu Buchwerten fortgeführt. Ebenfalls mit Vertrag vom 2.1.1992 veräußerte die Klägerin an Z einen Anteil von 10 % ihrer GbR-Anteile und 50 % ihres Sonderbetriebsvermögens. Im Ergebnis besaßen der Kläger und die Klägerin nunmehr jeweils 30 % und Z 40 % der Anteile. Das Finanzamt verneinte einen tarifbegünstigten (Anteils-) Veräußerungsgewinn des Klägers i.S. von §§ 16, 34 EStG i.V.m. § 18 Abs. 3 EStG. Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH ist auch die Teilanteilsveräußerung nach §§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG begünstigt[2]. Ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist, kann dahinstehen, da die Begünstigung bereits deshalb abzulehnen ist, weil im Streitfall das Sonderbetriebsvermögen nicht (anteilig) mitveräußert wurde. Der Mitunternehmeranteil umfasst den Gesellschaftsanteil und das dem einzelnen Mitunternehmer zuzurechnende Sonderbetriebsvermögen[3]. Die vollständige Anteilsveräußerung ist begünstigt, wenn der gesamte Anteil und das gesamte (wesentliche) Sonderbetriebsvermögen veräußert werden. Die Teilanteilsveräußerung bedeutet eine "vertikale Spaltung" des vollständigen Anteils. Ihre Begünstigung setzt daher die Veräußerung eines Teils des Anteils, zugleich aber auch die quotale Mitveräußerung des (wesentlichen) Sonderbetriebsvermögens voraus. Wird ein Anteil veräußert, ohne dass ein entsprechender Bruchteil des Sonderbetriebsvermögens mitveräußert wird, so ist nicht ein vollständiger Teilanteil Gegenstand der Veräußerung. Für diese Auffassung sprechen der Sinn und Zweck des aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG entwickelten Instituts des Sonderbetriebsvermögen. Danach ist ein Mitunternehmer einem Einzelunternehmer insoweit gleichzustellen, als die Vorschriften des Gesellschaftsrechts dem nicht entgegenstehen. Bei einem Einzelunternehmer wäre das Sonderbetriebsvermögen des Klägers notwendiges Betriebsvermögen gewesen. Wäre es bei einer (Teil-)Betriebsveräußerung nicht mitveräußert worden, hätte dies der Anwendung der Tarifbegünstigung entgegengestanden. Gestützt wird dieses Ergebnis auch durch das BFH-Urteil vom 19.3.1991[4]. Danach findet die Tarifbegünstigung der §§ 16, 34 EStG bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils keine Anwendung, wenn gleichzeitig Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens zum Buchwert in einen anderen Betrieb des Mitunternehmers überführt werden. Zwar war in diesem Fall der gesamte Anteil veräußert worden. Grund der Nichtgewährung der Steuerbegünstigung war aber auch hier der Umstand, dass nicht die stillen Reserven aller wesentlichen Betriebsgrundlagen aufgedeckt wurden. In vergleichbarer Weise verlangt das BFH-Urteil vom 26.1.1994[5] eine Gleichbehandlung des Sonderbetriebsvermögens auch im Fall der Ausübung des Wahlrechts nach § 24 Abs. 2 UmwStG.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 12.4.2000 – XI R 35/99

[3] Vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27.4.1993, VIIIR 27/92, BFH/NV 1994, S. 159
[5] Vgl. BFH-Urteil vom 26.1.1994, IIIR 39/91, BStBl II1994, S. 458 = INF 1994, S. 380

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