Kostentragung

Reichen bis zu 7 m lange Äste und Zweige auf das Grundstück des Nachbarn hinüber, die diesen nicht unerheblich beeinträchtigen, und werden sie nicht trotz mehrfacher Aufforderung entfernt, darf sie der Nachbar nach Auffassung des OLG Koblenz auf Kosten des Störers durch eine Fachfirma beseitigen lassen.

Anspruchsgrundlage

Rechtsgrundlage für das Verlangen des Nachbarn auf Kostenerstattung ist nach Auffassung des Gerichts der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1, Alt. 2 BGB. Denn der störende Baumeigentümer hat durch die Leistung des Nachbarn auf dessen Kosten einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, da es seine Sache war, die auf seinem Grundstück befindlichen Bäume derart zurückzuschneiden, dass es nicht zu einem Überhang auf das Nachbargrundstück kommt. Der störende Baumeigentümer ist damit von einer an sich ihm obliegenden Verbindlichkeit befreit worden.

Selbsthilferecht

Das Gericht weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass der Eigentümer eines Grundstücks gemäß § 910 Abs. 1 BGB Wurzeln eines Baumes oder Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten kann. Das Gleiche gilt für herüberragende Zweige, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt. Die Vorschrift bezweckt nach Gerichtsmeinung, nachbarliche Streitigkeiten, die sich aus dem Überschreiten der Grundstücksgrenze durch Zweige und Wurzeln ergeben, auf schnelle und möglichst unkomplizierte Art und Weise, d. h. ohne gerichtliche Hilfe, zu erledigen. Sie räumt dem gestörten Grundstückseigentümer ein Selbsthilferecht ein.

Verstreichen der Fristen

Im zu entscheidenden Fall hat der Baumeigentümer die ihm vom gestörten Grundstücksnachbar zweimal gesetzten Fristen verstreichen lassen, ohne tätig zu werden. Daher stand dem Grundstücksnachbar nach Meinung des Gerichts gemäß § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB das Recht zu, die seine Grundstücksnutzung beeinträchtigenden Zweige abschneiden zu lassen und nach Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung eine Erstattung der ihm hierfür von der beauftragten Fachfirma in Rechnung gestellten Kosten vom Baumeigentümer zu verlangen.

Aktuelle Beeinträchtigung entscheidend

Den Einwand des beklagten Baumeigentümers, der Astüberhang sowie der damit in Zusammenhang stehende Laub- und Nadelfall seien ortsüblich, weil es sich bei den streitgegenständlichen Grundstücken um eine Waldrandlage handle, hat das Gericht nicht gelten lassen. Denn im Rahmen der Prüfung des § 910 BGB, so das Gericht, ist unerheblich, ob die überragenden Zweige des störenden Grundstücks auf dessen ortsüblicher Nutzung beruhen. Gemäß § 910 BGB ist im Gegensatz zu § 906 BGB vielmehr jede aktuelle Beeinträchtigung ohne Rücksicht darauf rechtserheblich, ob die gewählte Nutzungsart ortsüblich oder zweckmäßig ist.

(OLG Koblenz, Beschluss v. 8.10.2013, 3 U 631/13, MDR 2014 S. 25)

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