Leitsatz

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können den Zeitpunkt des Zuflusses einer Abfindung oder eines Teilbetrags einer solchen beim Arbeitnehmer in der Weise steuerwirksam gestalten, dass sie deren ursprünglich vorgesehene Fälligkeit vor ihrem Eintritt auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.

 

Sachverhalt

Frau K erhielt bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses im Jahr 01 eine Abfindung, die nach dem Sozialplan im Jahr 01 fällig war. Sie nahm noch im Jahr 01 ein befristetes Arbeitsverhältnis mit einer Auffanggesellschaft auf. Noch vor Fälligkeit vereinbarten K und ihr Arbeitgeber, den steuerpflichtigen Teil der Abfindung erst im Jahr 02 auszuzahlen. Das Finanzamt erfasste auch den steuerpflichtigen Teil der Abfindung bereits im Jahr 01. Zu Unrecht, wie das FG befand. Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG.

 

Entscheidung

Ist eine Abfindung nach dem Sozialplan bereits bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahr 01 fällig, vereinbaren die Parteien des Arbeitsvertrags indes, den steuerpflichtigen Betrag im Jahr 02 auszuzahlen, weil das für den Arbeitnehmer günstiger ist, spricht eigentlich alles für einen Zufluss erst im Jahr 02.

Dieser Eindruck trügt nicht. Denn nach § 11 Abs. 1 EStG bezieht der Arbeitnehmer nicht laufend gezahlten Arbeitslohn (also z.B. die Abfindung) in dem Kalenderjahr, in dem er ihm zufließt. Er muss über den Arbeitslohn wirtschaftlich verfügen können. Die Fälligkeit allein führt nicht zum Zufluss. Die Parteien des Arbeitsvertrags können zivilrechtlich den Erfüllungszeitpunkt und damit auch die steuerrechtliche Zuordnung der Erfüllung zu einem Veranlagungszeitraum gestalten. Sie können jedenfalls vor der ursprünglich vereinbarten Fälligkeit eine vorherige Vereinbarung wieder ändern.

Dieser Vertragsänderung steht eine etwaige Vorrangigkeit des Sozialplans nicht entgegen. Zwar gelten solche Betriebsvereinbarungen nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar und zwingend. Jedoch hat im Verhältnis zwischen Betriebsvereinbarung und einzelvertraglicher Regelung das Günstigkeitsprinzip Vorrang.

 

Hinweis

Hinweis der Redaktion: Zu diesem Urteil siehe auch den Beitrag von Loose, StC 2010, H 3, S. 22, in diesem Heft.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 11.11.2009, IX R 1/09.

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