Leitsatz

Wird ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, zur Anschaffung von Anteilen an offenen Aktienfonds genutzt, liegt eine steuerschädliche Verwendung des Darlehens vor. Die Zinsen aus den Lebensversicherungen sind daher in vollem Umfang nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG steuerpflichtig.

 

Sachverhalt

K nahm im Jahr 2000 zwei Bankdarlehen über insgesamt 155450 DM auf, die mit Ansprüchen aus seinen Lebensversicherungen bei der Y-AG besichert wurden. Davon verwendete K 153210 DM zum Kauf von Anteilen an offenen Aktienfonds. Das Finanzamt sah darin eine steuerschädliche Verwendung der Lebensversicherungen und damit die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Versicherungsbeiträgen enthaltenen Sparanteilen als steuerpflichtig an. Der Erwerb von Aktienfonds sei schädlich, weil dabei entstehende Aufwendungen keine begünstigten Werbungskosten darstellten. Mit dem Erwerb eines Anteils an einem Aktienfonds werde zwar ein Anteil am Sondervermögen einer Kapitalgesellschaft erworben. Da ein Aktienfonds auch Forderungen erwerben dürfe, sei der Anteilserwerb unter Einsatz von Lebensversicherungen steuerschädlich. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Zinsen aus Sparanteilen, die in Beiträgen zu Lebensversicherungen enthalten sind, sind grundsätzlich nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies nicht für Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Beiträge zu den Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG können mit den in Abs. 2 derselben Vorschrift aufgeführten Einschränkungen als Sonderausgaben abgezogen werden. Die Steuerbefreiung nach Satz 2 gilt in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG jedoch nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c EStG abgezogen werden können[1].

Hier sind die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt. Zwar fallen die Lebensversicherungen unstreitig unter § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. Die Finanzierungskosten für die Darlehen zum Erwerb der Fondsanteile sind jedoch als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar, so dass der Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG ausgeschlossen ist. Denn K hat die Darlehen dazu verwendet, Fondsanteile zu erwerben, um Kapitaleinnahmen zu erzielen.

Der Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG ist nicht erfüllt. Danach müssten die Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dienen, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist. Denn Forderungen hat der Gesetzgeber selbst bei langfristiger Einkunftserzielungsabsicht nachträglich ausdrücklich als steuerschädlich von den begünstigten Wirtschaftgütern ausgenommen. Das zulässige Vermögen eines offenen Aktienfonds enthält jedoch neben Aktien und GmbH-Anteilen typischerweise auch Kapitalforderungen; so dass der Anteilserwerb steuerschädlich ist[2].

Mit dem Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ist der Erwerb von Fondsanteilen nicht vergleichbar. Kapitalgesellschaften sind als juristische Personen eigenständig Träger von Rechten und Pflichten, so dass ihr Vermögen nicht den Anteilseignern, sondern der Kapitalgesellschaft selbst zuzurechnen ist. Erwirbt ein Anleger indes Aktienfondsanteile, so beteiligt er sich an einem Sondervermögen und erwirbt Bruchteilseigentum. Ob das Rechtsverhältnis der Anleger am Sondervermögen in Form der Treuhand- oder Miteigentumslösung geregelt ist, hat insoweit keine Bedeutung, denn in beiden Fällen sind sie Bruchteilseigentümer.

 

Praxishinweis

Da der Gesetzgeber die Steuerfreiheit der Zinsen aus Lebensversicherungen im Ergebnis vom Sonderausgabenabzug für die Versicherungsbeiträge abhängig gemacht hat, kam es letztlich darauf an, ob der Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG ausgeschlossen war. Der BFH hat das bejaht. Zum einen stellt er darauf ab, dass die Darlehen dazu verwendet wurden, Fondsanteile zu erwerben, um daraus Kapitaleinnahmen zu erzielen. Die Darlehenszinsen sind daher als Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften abzugsfähig. Zum anderen erachtet der BFH den Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 2 Buchst. a EStG als nicht erfüllt, weil offene Aktienfonds auch Kapitalforderungen erwerben dürfen. Da der Erwerb von Forderungen ausdrücklich nicht begünstigt ist, ist der Anteilserwerb steuerschädlich. Die vom Kläger gezogenen Parallelen zum Erwerb eines (Teil-)Betriebs und einer Bete...

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