Leitsatz (amtlich)

Eine Entlassungsentschädigung bleibt auch dann steuerbegünstigt, wenn in einem späteren Veranlagungszeitraum aus sozialer Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit ergänzende Entschädigungszusatzleistungen erbracht werden.

 

Sachverhalt

Der Kläger war seit 1974 im Unternehmen des Arbeitgebers beschäftigt. Am 30.9.1996 schloss er einen Vertrag über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.9.1997. Dieser Vertrag sollte eine sonst aus dringenden betrieblichen Gründen bedingte Kündigung vermeiden. Nach Ziff. 3 des Vertrags sollte der Arbeitgeber als Ausgleich 500 000 DM zahlen; 36 000 DM sollten steuerfrei belassen und 464 000 DM ermäßigt besteuert werden. Die Abfindung war zum 1.12.1996 fällig und wurde auch ausgezahlt. Nach Ziff. 4 übernahm der Arbeitgeber für den Kläger die Kosten einer sog. Outplacement-Beratung bis zu maximal 50000 DM einschließlich USt. Dazu wurde weiter vereinbart: "Es besteht Einigkeit zwischen den Parteien, dass die gemäß Ziff. 3 des Aufhebungsvertrages vereinbarte Abfindung für den Fall, dass (der Kläger) die Outplacement-Beratung nicht in Anspruch nehmen will und wird, um 50 000 DM erhöht wird. Sollte die Inanspruchnahme des Outplacement nicht bis zum 1.12.1996 fallen können, wird dieser Erhöhungsbetrag zum Letzten des der entsprechenden Nachricht unseres Mandanten folgenden übernächsten Monats erfolgen." Mit Schreiben vom 18.3.1999 bestätigte der Arbeitgeber, dass er 1997 für mehrere Veranstaltungen Kosten von insgesamt 8 750 DM übernommen habe. Das Finanzamt behandelte 36 000 DM gemäß § 3 Nr. 9 EStG als steuerfrei. Hinsichtlich des Restbetrags von 464 000 DM komme dagegen eine Steuerermäßigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht in Betracht. Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH[2] sind außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG nur gegeben, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Die ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 EStG bezweckt, die Härten auszugleichen, die sich aus der progressiven Besteuerung der Entschädigung ergeben. Bei einer Entschädigungszahlung, die sich auf zwei oder mehr Veranlagungszeiträume verteilt, ist eine Zusammenballung nicht gegeben, weshalb eine Anwendung des § 34 EStG grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hält der Senat in solchen Fällen für geboten, in denen - neben der Hauptentschädigungsleistung - in einem späteren Veranlagungszeitraum aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden. Das sind beispiels-

weise solche Leistungen, die der (frühere) Arbeitgeber dem Steuerpflichtigen zur Erleichterung des Arbeitsplatz- oder Berufswechsels oder als Anpassung an eine dauerhafte Berufsaufgabe und Arbeitslosigkeit erbringt[3]. Diese ergänzenden Zusatzleistungen, die Teil der einheitlichen Entschädigung sind, sind unschädlich für die Beurteilung der Hauptleistung als zusammengeballte Entschädigung und sind im Zeitraum ihres Zuflusses regulär zu besteuern. Eine einheitliche Entschädigung ist nur einmal ermäßigt zu besteuern. Die Unbeachtlichkeit von ergänzenden Zusatzleistungen beruht auf einer zweckentsprechenden Auslegung des § 34 EStG unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Es wäre unangemessen und würde gegen das Übermaßverbot verstoßen, ergänzende Zusatzleistungen, die im anderen Veranlagungszeitraum erbracht werden, als schädlich zu beurteilen, wenn sie sozialer Fürsorge entspringen; die Zusammenballung der Hauptleistung wird durch diese Art von ergänzenden Zusatzleistungen nicht in Frage gestellt. Im Streitfall hängt die Begünstigung davon ab, ob der Kläger eine Outplacement-Beratung in Anspruch genommen hat oder ob er sich den Betrag von 41 250 DM hat auszahlen lassen. Die Übernahme der Kosten für die Outplacement-Beratung ist als sozial motivierte Zusatzleistung unschädlich. Ist aber der Restbetrag von 41 250 DM für nicht sozial motivierte Zwecke verwendet worden, so ist die Entschädigungszahlung auf zwei Veranlagungszeiträume verteilt. Eine Zusammenballung in einem Veranlagungszeitraum ist nicht gegeben. Da der Sachverhalt insoweit nicht festgestellt ist, war die Sache an das FG zurückzuverweisen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 14.8.2001 – XI R 22/00

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