Leitsatz

Bei den für die Steuerbefreiung nach § 6a UStG in § 17a Abs. 2 Nr. 1–4 UStDV erforderlichen Belegnachweise bei Abholung des Gegenstands sind die Verbringensversicherung sowie die Empfangsbestätigung des Abnehmers kumulativ erforderlich. Da § 17a UStDV eine Sollvorschrift ist, führt das Fehlen einer der in Abs. 2 aufgeführten Voraussetzungen nicht zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung. Der Nachweis des Bestimmungsorts ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG und ist z. B. durch die auf den Rechnungen ausgewiesene Anschrift des Leistungsempfängers erbringbar.

 

Sachverhalt

Im Urteilsfall holte der in Österreich ansässigen Papierhändler H geliefertes Altpapier mit eigenem Lkw bei der liefernden GmbH in Deutschland ab und brachte es nach Österreich. Die Rechnungen der GmbH wiesen die österreichische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des H aus; Umsatzsteuer wurde nicht ausgewiesen, jedoch fehlte ein Hinweis auf die Steuerfreiheit als innergemeinschaftliche Lieferung. Da sich aus der Buchführung der GmbH (Rechnungen, Lieferscheine) der genaue Endbestimmungsort der Ware nicht ergab, versagte das Finanzamt die Steuerfreiheit. Daran änderte auch nichts die nachträglich erfolgte "verbindliche" Bestätigung des H durch Telefax, H "habe die in den Lieferscheinen vom 6. bis 20. Dez. 2000 genannten Gegenstände übernommen und nach Österreich verbracht." Dagegen gewährte das FG die Steuerbefreiung.

Der BFH wies den Fall aus formalen Gründen an das FG zurück, das feststellen muss, ob die Lieferungen im Dezember 2000 oder erst in 2001 ausgeführt wurden. Ist dies in 2001 entsprechend der bisherige Behandlung erfolgt, behält das Finanzamt Recht (mangels Belegnachweis); ist dies dagegen noch in 2000 erfolgt, erhält die GmbH zumindest aus rein formalen Gründen Recht, weil die Umsatzsteuer entgegen der bisherigen Behandlung nicht in der Voranmeldung Januar 2001 zu erfassen war. Unabhängig davon stellte der BFH folgende für die Praxis bei Abholung durch den Abholer (oder dessen Beauftragte) im innergemeinschaftlichen Warenverkehr wichtige Grundsätze auf:

Erfolgt die schriftliche Versicherung des Abholers, den Gegenstand ins übrige Gemeinschaftsgebiet zu verbringen (Verbringensversicherung nach § 17a Abs. 2 Nr. UStDV), nicht im Zeitpunkt der Abholung, führt dies zuerst zur Versagung der Steuerbefreiung. Wurde jedoch die innergemeinschaftliche Lieferung zweifelsfrei tatsächlich ausgeführt, ist eine Nachholung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem FG zulässig, z. B. durch nachträgliche schriftliche Bestätigung des Abholers (vgl. auch Schlussanträge der EuGH-Generalanwältin v. 11.1.2007 in der Rs. C-146/05, Albert Collee, Rz 39 ff.).

Die Verbringensversicherung sowie die in § 17a Abs. 2 Nr. 3 UStG geforderte Empfangsbestätigung des Abnehmers sind kumulativ erforderlich. Für den erforderlichen Nachweis des Bestimmungsorts ist die in den Rechnungen ausgewiesene zutreffende Anschrift des Leistungsempfängers ausreichend. Das Fehlen des Hinweises auf die Steuerbefreiung in der Rechnung, ist nach dem Wortlaut des § 17a Abs. 2 UStDV 1999 ("soll") keine zwingende Voraussetzung für die Steuerfreiheit der Lieferung (ggf. kann auch dies bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem FG nachgeholt werden).

 

Hinweis

Wurde der Gegenstand zweifelsfrei in das übrige Gemeinschaftsgebiet ausgeführt, können vorher fehlende Belegnachweise nach § 17a Abs. 2 UStG noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem FG nachgeholt werden. Dies setzt voraus, dass der Abnehmer noch existiert bzw. gewillt ist, die Bestätigungen nachzuholen. Deshalb sollte in der Praxis die schriftliche Verbringensbestätigung und Empfangsbestätigung des Abholers immer im Zeitpunkt der Abholung schriftlich eingeholt werden. Leider nahm der der BFH nicht dazu Stellung, wer den Nachweis, dass der Gegenstand zweifelsfrei ausgeführt wurde, zu erbringen hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 1.2.2007, V R 41/04.

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