Leitsatz

  1. Ein einheitliches Pauschalhonorar für mehrere von einem beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsgläubiger zu erbringende Leistungen kann zu unterschiedlichen Einkünften führen und ist daher aufzuteilen, sofern nicht einer Leistung eine nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Bestätigung der Senatsurteile vom 28.1.2004, I R 73/02, BFH/NV 2004 S. 869 und vom 19.12.2007, I  R 19/06, BFH/NV 2008 S. 672). Dies gilt auch für Zwecke der Haftung des Vergütungsschuldners (§ 50a Abs. 5 Satz 5 EStG 2002).
  2. Nach Art. 16 Abs. 2 des Freizügigkeitsabkommens (FZA) zwischen der EG und ihren Mitgliedstaaten und der Schweiz vom 21.6.1999 wird, soweit für die Anwendung des Abkommens Begriffe des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden, nur die Rechtsprechung des EuGH vor dem 21.6.1999 berücksichtigt. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Urteil des EuGH vom 3.10.2006 (C-290/04"FKP Scorpio Konzertproduktionen", BFH/NV 2007 Beilage 1 S. 36) und die sich daraus ergebenden Grundsätze zur Berücksichtigung von unmittelbar mit der erbrachten Dienstleistung zusammenhängenden Betriebsausgaben im Steuerabzugsverfahren dazu nicht gehören.
 

Sachverhalt

Strittig ist der Steuerabzug gem. § 50a EStG auf im Inland erwirtschaftete Einkünfte eines in der Schweiz wohnenden Berufssportlers. Dieser hatte Verträge mit dem Vergütungsschuldner gegen ein jährliches Pauschalhonorar abgeschlossen und sich u.a. verpflichtet, in der Öffentlichkeit dessen Logo zu tragen und für Werbezwecke zur Verfügung zu stehen. Zudem hatte der Sportler das Recht eingeräumt, seinen Namen, sein Bild und ihn betreffendes Foto-, Ton- und Filmmaterial für Werbemaßnahmen zu verwenden. Der Vergütungsschuldner sah im Gegensatz zum Finanzamt nur 15 % der Gesamteinkünfte als abzugssteuerpflichtig an. Die Vollziehung des darauf erlassenen Haftungsbescheids setzte das FG hinsichtlich eines Teilbetrags aus.

 

Entscheidung

Der BFH hob den Beschluss des FG auf und verwies die Sache zurück. Die Leistungen des Sportlers müssen sachgerecht aufgeteilt werden, da sie nur insoweit der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, als sie auf eine Rechteüberlassung entfallen.

 

Kommentar

Praxishinweis

Es handelt sich um eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz. Sie ist dennoch relevant, da sie sich erstmals zur Reichweite des FZA zwischen der EG und der Schweiz äußert.

Ein im Ausland wohnender Berufssportler ist im Inland regelmäßig nur mit den aus einer Rechteüberlassung resultierenden Einkünften beschränkt steuerpflichtig, weil er nicht über eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter verfügt. Das löst den Steuerabzug gemäß § 50a EStG durch den Vergütungsschuldner aus. Bezieht der Sportler darüber hinaus weitere Einkünfte, müssen diese abgegrenzt werden. Dabei kann auf die Zeit und den wirtschaftlichen Gehalt der Leistungs- und Vergütungsteile abgestellt werden. Insoweit bedarf es der Mitwirkung des Vergütungsgläubigers.

Nach dem FZA werden der Schweiz dieselben Grundfreiheiten wie den Angehörigen der EU-Staaten eingeräumt. Jedoch enthält Art. 16 Abs. 2 FZA eine Stand-still-Klausel: Soweit für die Anwendung des FZA Begriffe des EG-Rechts herangezogen werden, wird nur die EuGH-Rechtsprechung vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des FZA, dem 21.6.1999, berücksichtigt. Spätere Entscheidungen des EuGH bleiben daher "außen vor", somit auch das "Scorpio"-Urteil vom 3.10.2006, das Betriebsausgaben im unmittelbaren Zusammenhang mit einer beschränkt steuerpflichtigen Leistung betrifft. Das EG-Recht verlangt die Berücksichtigung der Ausgaben bereits im Steuerabzugsverfahren. Das FZA gebietet das dagegen nicht. Dem Steuerabzug unterfällt deswegen der Bruttobetrag.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 07.09.2011, I B 157/10.

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