Leitsatz

Der BFH nimmt seine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Statthaftigkeit von Gegenvorstellungen zurück.

 

Sachverhalt

Unter einer "Gegenvorstellung" versteht man eine Eingabe, durch die ein Gericht veranlasst werden soll, eine von ihm erlassene Entscheidung zu ändern. Die FGO sowie die übrigen Prozessordnungen sehen diesen Rechtsbehelf nicht vor. Jedoch hat die Rechtsprechung diesen Begriff entwickelt, um greifbar gesetzwidrige oder unter Verletzungen von Verfahrensgrundrechten ergangene Gerichtsentscheidungen angreifen zu können. Der V. Senat des BFH hatte dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob eine Gegenvorstellung gegen einen Beschluss über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe statthaft ist. Nach seiner Auffassung war die vom Antragsteller eingelegte Gegenvorstellung unzulässig. Die Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hielt er für geboten, da es Entscheidungen des BSG, des BGH und des BVerwG gibt, die von einer Zulässigkeit der Gegenvorstellung ausgehen.

Das BVerfG hat mit Beschluss v. 25.11.200, 1 BvR 848/07, zwischen Gegenvorstellungen gegen Entscheidungen, die in Rechtskraft erwachsen, und solchen, die sich gegen Entscheidungen richten, bei denen das Fachgericht nach der maßgebenden gesetzlichen Regelung zu einer Änderung befugt ist, unterschieden. Der V. Senat hat daher seine Ansicht aufgegeben, dass eine Gegenvorstellung nicht gegen einen nicht in materieller Rechtskraft erwachsenden ablehnenden Beschluss über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe statthaft sei und seine Vorlage zurückgenommen.

 

Hinweis

Auch wenn eine Gegenvorstellung nicht grundsätzlich unzulässig ist, sollte in jedem Finanzgerichtsprozess darauf geachtet werden, dass im Gerichtsverfahren, spätestens in der mündlichen Verhandlung sowohl alle materiellen als auch verfahrensrechtlichen Einwendungen klar und eindeutig geltend gemacht werden. Bei Verfahren vor dem BFH ist zusätzlich Vertretungszwang gegeben (§ 62a FGO), d.h. der Steuerpflichtige darf sich nicht selbst vertreten, sondern muss einen Steuerberater oder Rechtsanwalt beauftragen. Ob Vertretungszwang auch bei der Gegenvorstellung im Prozesskostenhilfeverfahren besteht, ist nicht abschließend geklärt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss v. 1.7.2009, V S 10/07.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen