Leitsatz

  1. Entgehen der Gesellschaft Gewinne, weil ein Mitunternehmer die der Gesellschaft zustehenden Einnahmen (hier den Ausgleich der überhöhten Betriebsausgaben) auf ein eigenes Konto leitet, so handelt es sich bei den Einnahmen um Sonderbetriebseinnahmen des ungetreuen Mitunternehmers. Der hiermit korrespondierende Ersatzanspruch der Gesellschaft ist nicht zu aktivieren, wenn die Gesellschaft auf den Anspruch verzichtet, wenn er nicht unbestritten oder nicht werthaltig ist (Bestätigung der Rechtsprechung).
  2. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass in solchen Fällen der ungetreue Mitunternehmer das Bestehen des Anspruchs solange wie möglich bestreiten wird.
  3. Der ungetreue Gesellschafter kann in seiner Sonderbilanz eine Rückstellung wegen der zu erwartenden Inanspruchnahme durch die Gesellschaft oder die geschädigten Gesellschafter jedenfalls solange nicht bilden, wie die geschädigten Gesellschafter von der Veruntreuung keine Kenntnis haben.
 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, stellt Verpackungen her. Ihre Gesellschafter waren die Komplementär-GmbH und als Kommanditisten eine OHG mit einem Anteil von 80 % sowie der Beigeladene B mit einem Anteil von 20 %. Die Kommanditisten waren im gleichen Verhältnis Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Gesellschafter der OHG waren je zur Hälfte WJ und sein Sohn HJ. Beide waren ebenso wie der Beigeladene alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Eine Steuerfahndungsprüfung ergab u.a., dass drei Lieferanten einen Teil der Kaufpreiszahlungen der KG als Boni bzw. Provisionen auf ausländische Konten von HJ sowie B ohne Kenntnis von WJ überwiesen hatten. Deswegen und wegen anderer Feststellungen erhöhte das Finanzamt die Gewinne der Streitjahre und erließ entsprechende Änderungsbescheide. Hiergegen wendet sich die KG nach erfolglosem Einspruchs- und Klageverfahren mit der Revision u.a. unter Rüge unzureichender Beweisaufnahme.

Nach Ergehen des FG-Urteils hat die KG mit dem auf Schadenersatz verklagten B einen Vergleich geschlossen, wonach er den Anspruch in voller Höhe anerkannte. Die KG verpflichtete sich im Gegenzug, B insoweit aus der Verantwortung zu entlassen, als die Schadensersatzforderung gegen HJ realisiert werde. Weiterhin beruft sich die KG auf ein LG-Urteil zur Rechtmäßigkeit der Enterbung des HJ durch WJ, wonach HJ über eine Mio. DM für sich abgezweigt hat. B hat im Übrigen eidesstattlich versichert, bestimmte Rückvergütungen seien HJ und ihm zugeflossen und im Verhältnis zwei Drittel zu ein Drittel geteilt worden.

 

Entscheidung

Der BFH hat das angefochtene Urteil als verfahrensfehlerhaft wegen unzulässiger vorweggenommener Beweiswürdigung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Dieser Fehler war entscheidungserheblich, weil sich die angefochtene Entscheidung unabhängig von der unterlassenen Beweisaufnahme nicht aus anderen Gründen als rechtmäßig darstellt. Das Begehren der KG, den vom Finanzamt zugrunde gelegten Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft um die veruntreuten Beträge zu mindern, umfasste auch das Begehren, zumindest diese Beträge lediglich dem Sonderbetriebsvermögen der veruntreuenden Gesellschafter zuzurechnen. Nach der Rechtsprechung sind derartige Beträge zwar bei Werthaltigkeit der Ersatzansprüche der Mitunternehmerschaft gegen die veruntreuenden Gesellschafter grundsätzlich allen Gesellschaftern nach dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen[1]. Den veruntreuenden Mitunternehmern sind sie aber dann zuzurechnen, wenn weder die Gesellschaft noch die anderen Gesellschafter in der Lage sind, etwaige Erstattungsansprüche gegen die Mitgesellschafter durchzusetzen[2]. Die Voraussetzungen einer solchen Zurechnung hat der BFH nun wie folgt präzisiert:

  1. Entgehen der Gesellschaft Gewinne, weil ein Mitunternehmer die der Gesellschaft zustehenden Einnahmen auf ein eigenes Konto leitet, so handelt es sich bei den Einnahmen um dessen Sonderbetriebseinnahmen. Der hiermit korrespondierende Ersatzanspruch der Gesellschaft ist nicht zu aktivieren, wenn die Gesellschaft auf den Anspruch verzichtet, wenn er nicht unbestritten oder nicht werthaltig ist[3]. Die Werthaltigkeit der Ansprüche kann erst bejaht werden, wenn die Ersatzforderungen unbestritten sind.
  2. Werden der Mitunternehmerschaft zustehende Einnahmen heimlich an ihr vorbei in den eigenen Vermögensbereich eines Mitunternehmers geleitet, so sind sie als dessen Sonderbetriebseinnahmen und damit als Sonderbetriebsgewinn zu erfassen.
 

Praxishinweis

  1. Die mitunternehmerischen Einkünfte des Gesellschafters einer Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG beschränken sich nicht auf den Gewinnanteil und die Vergütungen. Vielmehr gehören dazu alle Einnahmen und Betriebsausgaben, die ihre Veranlassung in der Beteiligung des Steuerpflichtigen an der unternehmerisch tätigen Personengesellschaft haben[4]. Darunter fallen auch Einnahmen, die an sich der Gesellschaft zustehen, die ein Mitunternehmer jedoch seinem eigenen Vermögen zuführt[5].
  2. Leitet der M...

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