Leitsatz

Ein Steuerpflichtiger kann die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG für im Jahr der Betriebseröffnung (hier: 2001) angeschaffte oder hergestellte begünstigte Wirtschaftsgüter auch dann in Anspruch nehmen, wenn er kein Existenzgründer i.S. von § 7g Abs. 7 EStG ist und wenn er keine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3ff. EStG bilden konnte. Diesem Ergebnis steht § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 nicht entgegen.

 

Sachverhalt

S erzielte im Streitjahr 2001 u.a. gewerbliche Einkünfte aus einer Betriebsverpachtung. Außerdem eröffnete er in 2001 einen Gewerbebetrieb zur "Stromerzeugung". Dessen Einnahmen-Überschussrechnung wies einen Verlust aus, der u.a. auf einer Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG in Höhe von 20 % der Anschaffungskosten einer noch in 2001 erworbenen Photovoltaikanlage beruhte. Das Finanzamt erkannte die Sonderabschreibung nicht an, weil S die in § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG geforderte Voraussetzung nicht erfüllt habe. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Der Zweck des § 7g Abs. 1 EStG, die Investitions- und Innovationskraft zu fördern sowie die Eigenkapitalbildung und Liquidität kleiner und mittlerer Unternehmen zu stärken, gebietet es, S die Sonderabschreibung zu gewähren. Dem steht § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG, wonach die Sonderabschreibung nur dann vorgenommen werden kann, wenn zuvor eine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3ff. EStG gebildet wurde, im Fall der Betriebsgründung nicht entgegen. Vielmehr ist für diesen Fall dessen – gemessen am Sinn und Zweck des § 7g Abs. 1 EStG – offenkundig zu weit geratener Wortlaut im Wege der teleologischen und verfassungskonformen Reduktion in der Weise einzuschränken, dass er dann, wenn der Steuerpflichtige die geplante Investition – wie hier – bereits im Jahr der Neugründung realisiert, keine Anwendung findet[1].

 

Praxishinweis

Durch das Kleinunternehmerförderungsgesetz vom 31.7.2003[2] wurde mit Wirkung ab 1.1.2003 in § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG ein Satz 2 eingefügt, wonach "Existenzgründer" i.S. von § 7g Abs. 7 EStG von dem in § 7g Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG statuierten Erfordernis der vorherigen Bildung einer Ansparrücklage ausgenommen werden. Ob daraus im Umkehrschluss hergeleitet werden kann, dass der hier vorliegende Sachverhalt, der einen "normalen" Gründer, nicht aber einen Existenzgründer i.S. des § 7g Abs. 7 EStG betrifft, im zeitlichen Geltungsbereich des Kleinunternehmerförderungsgesetzes anders als davor zu beurteilen ist, hat das Besprechungsurteil ausdrücklich offen gelassen. Die Klärung dieser Rechtsfrage bleibt also der künftigen höchstrichterlichen Rechtsprechung vorbehalten. Bis dahin sollten es "normale" Gründer, wollen sie Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 1 EStG in Anspruch nehmen, möglichst vermeiden, die von ihnen geplanten Investitionen bereits im Wirtschaftsjahr der Gründung zu tätigen. Realisieren sie die geplanten Investitionen nämlich erst im Folgejahr, so können sie im Betriebseröffnungsjahr die von § 7g Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG geforderte Ansparrücklage bilden, so dass die Anerkennung der im Folgejahr vorgenommenen Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG keine Probleme bereitet.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 17.5.2006, X R 43/03

[1] Vgl. auch Drenseck, in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, 25. Aufl., München 2006, § 7g Rz. 13
[2] BGBl I 2003, S. 1550

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