Leitsatz

Überlässt ein Mineralölunternehmen mit Zweigstellen im Fördergebiet Tankstellen, die es im Fördergebiet errichtet hat, Tankstellenverwaltern als selbständigen Handelsvertretern zum Betrieb, sind die Tankstellen nicht – auch nicht teilweise – (Vertriebs-)Betriebsstätten des Mineralölunternehmens, sondern ausschließlich (Handels-)Betriebsstätten der Tankstellenverwalter.

Wirtschaftsgüter, die das Mineralölunternehmen nach dem 31.12.1992 und vor dem 1.1.1997 für die überlassenen Tankstellen angeschafft oder hergestellt hat, sind nicht zulagenbegünstigt, weil sie in einer von der Gewährung der Investitionszulage ausgeschlossenen Betriebsstätte des Handels verblieben sind.

 

Sachverhalt

Eine außerhalb des Fördergebiets ansässige Mineralölgesellschaft mit Zweigbüros im Fördergebiet begann ab Oktober 1990 mit dem Aufbau eines Tankstellennetzes im Fördergebiet. Sie überließ die einzelnen Tankstellen jeweils Tankstellenverwaltern, die als Pächter und selbständige Handelsvertreter den Verkauf der Kraft- und Schmierstoffe übernahmen. Das Finanzamt ging davon aus, die Tankstellen seien den Zweigbüros im Fördergebiet zuzuordnen. Es gewährte aber nur für die vor dem 1.1.1993 begonnenen Investitionen eine Zulage. Für spätere Investitionen verneinte es die Einhaltung der Verbleibensvoraussetzungen.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das Finanzamt. Für die Wirtschaftsgüter, deren Anschaffung oder Herstellung vor dem 1.1.1993 begonnen wurde, steht der Investorin die Zulage zu, da für diese Investitionen nach § 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1991 nur erforderlich war, dass die Wirtschaftsgüter in einer, d.h. irgendeiner, Betriebsstätte im Fördergebiet verblieben sind. Nach dem 31.12.1992 begonnene Investitionen sind dagegen nicht begünstigt, wenn in Betriebsstätten des Handels investiert wurde[1]. Der BFH geht davon aus, dass es sich bei den Tankstellen nicht um Betriebsstätten der Investorin zwecks Vertrieb ihrer Produkte handelt, sondern um eigene Betriebsstätten der Tankstellenverwalter. Da deren wirtschaftlicher Schwerpunkt im Handel liegt, ist die Überlassung an sie zulagenschädlich. Andernfalls käme die Zulage durch die Weitergabe der Vergünstigung über das Nutzungsentgelt indirekt einer Branche zugute, die nach der gesetzgeberischen Intention nicht begünstigt sein sollte.

Ausschlaggebend dafür, dass die Tankstellen keine eigenen (Vertriebs-)Betriebsstätten der Mineralölgesellschaft sind, ist laut BFH, dass sie den Tankstellenverwaltern mit allen Anlagen und Einrichtungen auf unbestimmte Zeit für deren eigene gewerbliche Tätigkeit überlassen wurden. Unerheblich ist, ob es sich dabei zivilrechtlich um Pachtverträge handelt. Entscheidend ist, dass die Tankstellenverwalter als selbständige Handelsvertreter tätig wurden. Deshalb fallen auch die weitgehenden Zutritts- und Kontrollrechte der Beauftragten der Mineralölgesellschaft nicht ins Gewicht. Denn dadurch wurde der Investorin keine abgesicherte Verfügungsmacht zur Ausübung einer eigenen gewerblichen Tätigkeit eingeräumt. Allein die Überprüfung der Tätigkeit der Tankstellenverwalter begründet keine eigene gewerbliche Tätigkeit der Mineralölgesellschaft auf der jeweiligen Tankstelle.

 

Praxishinweis

Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Betriebsstätte richten sich auch im Zulagenrecht nach § 12 AO. Grundsätzlich kann eine Betriebsstätte auch in der Betriebsstätte eines Dritten als sog. Doppelbetriebsstätte begründet werden. Dies setzt jedoch voraus, dass der Unternehmer befugt ist, die Anlagen nach den Bedürfnissen seines Unternehmens zu nutzen und z.B. durch eigene Arbeitnehmer oder Subunternehmer tätig zu werden. Auch in diesem Fall wäre jedoch bei den einzelnen Wirtschaftsgütern zu fragen, ob sie der Betriebsstätte des betreffenden Unternehmers oder des Dritten zuzurechnen sind. Der BFH stellt für die selbständige gewerbliche Tätigkeit auf die Einzelregelungen in den Überlassungsverträgen ab. Bei einer anderen Gestaltung wäre wohl auch die Beurteilung als Betriebsstätten des Mineralölunternehmens möglich gewesen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 30.6.2005, III R 47/03

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen