Leitsatz

Schuldzinsen für Darlehen, mit denen Arbeitnehmer den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an ihrer Arbeitgeberin finanzieren, um damit die arbeitsvertraglichen Voraussetzungen für die Erlangung einer höheren Position zu erfüllen, sind regelmäßig Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (Anschluss an BFH-Urteil vom 21.4.1961, VI 158/59 U, BStBl III 1961, S. 431).

 

Sachverhalt

A ist bei einer Wirtschaftsprüfungs-AG als Wirtschaftsprüferin angestellt. Zur Erlangung des Partnerschaftsstatus und damit verbundener höherer Einkünfte war sie gehalten, Aktien der AG zu erwerben. Sie finanzierte ihre Beteiligung fremd und machte die daraus resultierenden Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und nicht bei den Dividenden geltend, die sie aus den Aktien erzielte. Das Finanzamt erfasste die Zinsaufwendungen dagegen als Werbungskosten aus Kapitalvermögen, die sich aber wegen des Sparerfreibetrags nicht auswirkten. Die Klage war erfolgreich, aber auch die Revision des Finanzamts.

 

Entscheidung

Betreffen Aufwendungen eines Arbeitnehmers den Erwerb einer Beteiligung an dem Arbeitgeber, so ist dem EStG keine ausdrückliche Regelung zu entnehmen, ob diese Aufwendungen den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit oder aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind. Auch wenn sich der Steuerpflichtige an der Kapitalgesellschaft nicht nur in Erwartung von Gewinnausschüttungen beteiligt, sondern auch, um durch die Zuführung von Kapital den Fortbestand der Gesellschaft und damit gleichzeitig seinen eigenen Arbeitsplatz zu erhalten, steht der wirtschaftliche Zusammenhang der Aufwendungen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen regelmäßig im Vordergrund und verdrängt die Beziehung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Nur ausnahmsweise tritt diese Wirkung nicht ein und der Arbeitnehmer erstrebt mit dem Erwerb einer Beteiligung nicht die mit der Stellung als Gesellschafter verbundenen Rechte, sondern nahezu ausschließlich die Sicherung seines bestehenden oder die Erlangung eines höherwertigen Arbeitsplatzes. Dies kann insbesondere bei negativer Überschussprognose und damit erkennbar fehlender Absicht zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen aus einer solchen Beteiligung der Fall sein.

 

Praxishinweis

Zwischen Arbeitsverhältnis und Zinszahlung tritt im Streitfall der Aktienbesitz als eigenständige Erwerbsquelle. Unabhängig davon, ob und inwieweit der Aktienerwerb durch das Arbeitsverhältnis motiviert war, finanziert A mit dem Darlehen die Anschaffungskosten ihrer Beteiligung, deren Gewinnanteile ebenso wenig zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen (was dann die Folge wäre) wie die damit zusammenhängenden Schuldzinsen zu Werbungskosten bei dieser Einkunftsart. Einer sog. "Meistbegünstigung", die A dahingehend durchzusetzen versuchte, dass man die Dividendeneinkünfte bei den Einkünften aus Kapitalvermögen belässt und die damit zusammenhängenden Aufwendungen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt, hat der BFH eine klare Absage erteilt. Es gilt also: Entweder wird alles bei § 19 EStG oder bei § 20 EStG erfasst. Wirtschaftlicher Hintergrund dieser Abgrenzungsbemühungen ist allein der in den Streitjahren mit 12000 DM großzügig bemessene Sparerfreibetrag für zusammenveranlagte Ehegatten, der natürlich auch die Aufwendungen kompensiert. Es wäre deshalb wirtschaftlich ein schönes Modell, die Einnahmen bei § 20 EStG zu belassen, die sich dann wegen des Freibetrags nicht auswirken, und die Ausgaben bei § 19 EStG geltend zu machen, so dass sie steuerlich voll zum Zuge kommen. So geht das aber nach der Entscheidung des BFH nicht. Die wirtschaftliche Relevanz dieser Abgrenzungen wird mit der Reduzierung des Freibetrags durch das Steueränderungsgesetz 2007 weiter entschärft.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 5.4.2006, IX R 111/00

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