Leitsätze (amtlich)

  1. 1. Kann der Einspruchsführer - mangels Zulässigkeit seines Rechtsbehelfs - die Einspruchsentscheidung des FA materiell durch das FG nicht überprüfen lassen, so gilt Gleiches für den zum Einspruchsverfahren Hinzugezogenen (Grundsatz der Akzessorietät).
  2. Wird das Darlehen, das ein Nichtgesellschafter einer Personengesellschaft gewährt hat, in eine atypisch stille Beteiligung umgewandelt, so können dem stillen Gesellschafter ertragsteuerrechtlich Verluste nur in Höhe des gemeinen Werts der Darlehensforderung zum Zeitpunkt der Umwandlung zugewiesen werden.
  3. Bei der Bestimmung des (gemeinen) Forderungswerts ist der Umstand zu berücksichtigen, ob das Unternehmen des Darlehensschuldners fortgeführt wird oder von der Liquidation bedroht ist.
 

Sachverhalt

Die Kläger sind die Erben des 1987 verstorbenen E.N. E.N. hatte der W.N.-GmbH & Co. KG (KG) 1979 ein unbesichertes verzinsliches Darlehen über 1 Mio. DM gewährt. Alleiniger Kommanditist der KG war der Kläger zu 2, ein Sohn des Darlehensgebers. Die KG erzielte seit 1979 hohe Verluste und geriet dadurch in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Im Frühjahr 1982 verpflichteten sich mehrere Gläubigerbanken in einem Poolvertrag, der KG Zusatzkredite unter der Voraussetzung zu gewähren, dass E.N. sein Darlehen in eine atypisch stille Beteiligung umwandle. Letzteres erfolgte im April 1982. E.N. war seither mit 25 % am Gewinn und an den stillen Reserven sowie bis zur Höhe seiner Einlage am Verlust der KG beteiligt. Ende 1982 fiel die KG in Konkurs. Im angefochtenen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte stellte das Finanzamt einen Verlust der KG fest, rechnete indes E.N. lediglich einen Einkunftsanteil von 0 DM zu, weil sein Darlehensrückzahlungsanspruch gegen die KG schon im April 1982 wertlos gewesen sei. Die dagegen gerichtete Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Im Ergebnis ist dem FG darin beizupflichten, dass den Klägern als Rechtsnachfolgern des E.N. Verluste nur in Höhe des werthaltigen Teils der Darlehensforderung zum Zeitpunkt der Begründung der (atypisch) stillen Gesellschaft zugewiesen werden können. Zwar haben die Gesellschafter einer stillen Gesellschaft zivil- bzw. handelsrechtlich bei der Bewertung einer Einlage bis zur Grenze des nach § 138 BGB rechtlich Zulässigen freie Hand. Sie sind demnach auch befugt, wertgeminderte Forderungen mit ihrem Nennwert anzusetzen[2]. Steuerrechtlich können die von der stillen Gesellschaft erzielten Verluste E.N. bzw. seinen Rechtsnachfolgern jedoch nur bis zur Grenze der Werthaltigkeit der umgewandelten Darlehensforderung zugerechnet werden. Dies folgt aus der Zweiteilung der Einkunftsarten in Gewinn- und Überschusseinkünfte[3] mit der Folge, dass Wertverluste der Wirtschaftsgüter, die der Erzielung von Überschusseinkünften dienen, nur im Rahmen der allgemeinen Vorschriften über Absetzungen sowie nach Maßgabe der Sonderregelungen in den §§ 17, 23 EStG und § 21 UmwStG berücksichtigt werden können[4]. Für den Streitfall ergibt sich hieraus weiterhin, dass die bis zur Umwandlung in eine (atypisch) stille Beteiligung eingetretene Wertminderung des der Erzielung von Kapitaleinkünften nach § 20 EStG dienenden Darlehens auch dann - als nicht steuerbarer, die Vermögenssphäre des E.N. betreffender Verlust - außer Betracht bleiben muss, wenn die Einlage des (atypisch) stillen Gesellschafters handelsrechtlich mit dem Nennbetrag des Darlehensrückzahlungsanspruchs bewertet wird[5].

Soweit die Kläger gegen das Erfordernis einer Werthaltigkeitsprüfung einwenden, das Darlehen des E.N. habe eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt und sei deshalb auch für Zwecke der (steuerrechtlichen) Verlustzurechnung mit dem Nennwert anzusetzen, kann sich der Senat dieser Ansicht bereits in ihrem Ausgangspunkt nicht anschließen. Der Einwand verkennt, dass die Umqualifizierung von Darlehen in funktionelles Eigenkapital auf der sog. Finanzierungsverantwortung der Gesellschafter beruht und deshalb Kredite Dritter nur unter besonderen Voraussetzungen, nämlich dann als eigenkapitalersetzend qualifiziert werden können, wenn ihre Finanzierungshilfe derjenigen durch den Gesellschafter selbst entspricht. Hiervon ist aber nach ständiger Rechtsprechung des BGH nur auszugehen, wenn das Darlehen entweder von einem mit der KG verbundenen Unternehmen eingeräumt wurde oder wirtschaftlich aus dem Vermögen der Gesellschafter der KG aufgebracht werden sollte[6]. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Ausnahmetatbestands sind weder den Feststellungen des FG noch dem Revisionsvortrag zu entnehmen.

Die Würdigung des FG, das Darlehen des E.N. sei im Zeitpunkt der Begründung der stillen Beteiligung wertlos gewesen, ist nicht zu beanstanden.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 29.5.2001 – VIII R 10/00

[2] Vgl. z.B. Schlegelberger/K. Schmidt, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., § 335 - § 230 n.F. - Anm. 149

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