Leitsatz

Die Übergangsvorschrift in § 27 Abs. 8 UStG 1999 i.d.F. des StÄndG 2003, nach der § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG in der ab dem 1.1.2002 geltenden Fassung unter bestimmten Voraussetzungen auch für Zeiträume vor dem 1.1.2002 anzuwenden ist, enthält keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung.

 

Sachverhalt

Eine GmbH erwarb zum 2.6.1988 ein mit einem älteren Haus bebautes Grundstück. Die darin befindlichen Wohnungen und Gewerbeeinheiten vermietete sie teils steuerfrei und teils steuerpflichtig. Die GmbH plante, freie Flächen des Grundstücks zu bebauen und steuerpflichtig und steuerfrei zu vermieten. In ihrer im Januar 1990 eingereichten Umsatzsteuererklärung für 1988 machte sie dementsprechend anteilig Vorsteuerbeträge aus der Anschaffung des Grundstücks geltend. Das Finanzamt folgte dem.

Die Planungen wurden nicht realisiert. Stattdessen veräußerte die GmbH das Grundstück im Streitjahr 1990 umsatzsteuerfrei. Für 1990 erklärte sie steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze und nahm zu ihren Lasten eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG vor. Das Finanzamt erhöhte den Berichtigungsbetrag im Hinblick auf die erstmalige Verwendung des Grundstücksteils zur steuerfreien Veräußerung. Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzamt ging in die Revision.

 

Entscheidung

Die Revision war begründet. Bei Anwendung der zutreffenden Gesetzesfassung des § 15a UStG war der Vorsteuerabzug in der vom Finanzamt vorgenommenen Höhe zu berichtigen.

Die im Streitjahr 1990 geltende Fassung des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG lautete: "Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, innerhalb von fünf Jahren seit dem Beginn der Verwendung, so ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen".

§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG wurde mit Wirkung vom 1.1.2002 wie folgt gefasst: "Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen." Diese Gesetzesfassung hat gem. § 27 Abs. 8 UStG 1999 i.d.F. des StÄndG 2003 vom 15.12.2003 Rückwirkung für Zeiträume vor dem 1.1.2002, wenn der Unternehmer den Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezugs aufgrund der von ihm erklärten Verwendungsabsicht in Anspruch genommen hat und die Nutzung ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung mit den für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen nicht übereinstimmt. So war es hier.

Der BFH hatte keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die durch § 27 Abs. 8 UStG 1999 angeordnete "echte Rückwirkung" in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände. Denn die bestehende Rechtslage bot keine ausreichende Vertrauensgrundlage; deshalb war das Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Fortbestand des geltenden Rechts nicht schutzbedürftig. Vielmehr beseitigte die Regelung eine Lücke, die das Leerlaufen der Berichtigungsmöglichkeit vor dem 1.1.2002 zugelassen hatte. Das entsprach einer in sich schlüssigen, folgerichtigen Ausgestaltung des Vorsteuerabzugsrechts.

 

Praxishinweis

Der BFH hatte die Rückwirkung der Neuregelung des § 15a UStG auf Zeiträume vor dem erklärten Wirkungszeitpunkt 1.1.2002 zwar in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als ernstlich zweifelhaft bezeichnet. Im vorliegenden Revisionsverfahren hielt er die Rückwirkung für rechtlich haltbar. Betroffen sind Vorsteuerbeträge auf Lieferungen vor dem 1.1.2002, soweit sie aufgrund der erklärten, objektivierbaren Verwendungsabsicht abgezogen worden sind, die tatsächliche Verwendung in einem Folgejahr aber von der Absicht abgewichen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 7.7.2005, V R 32/04

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