Leitsätze (amtlich)

  1. Für rechtsverbindlich zugesagte Zuwendungen aus Anlass eines Geschäftsoder Firmenjubiläums, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit der einzelnen Mitarbeiter bemessen, muss eine Rückstellung in dem Umfang gebildet werden, in dem die Anspruchsvoraussetzungen durch die vergangene Betriebszugehörigkeit des jeweiligen Mitarbeiters erfüllt sind.
  2. Die Bildung der Rückstellung für die Jubiläumszuwendungen unterfällt nicht den einschränkenden Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 EStG.
 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Sparkasse, beging am 20.5.1994 ihr 150-jähriges Geschäftsjubiläum. Aus diesem Anlass verpflichtete sie sich durch Betriebsvereinbarung vom 18.12.1992, an alle Mitarbeiter eine von der Betriebszugehörigkeit abhängige Jubiläumszuwendung zu zahlen. Die Klägerin bildete hierfür in ihrer Bilanz für das Streitjahr 1992 unter Berücksichtigung eines Fluktuationsabschlages eine Rückstellung von 285 000 DM, später 298 810 DM. Das Finanzamt hielt die Rückstellung bereits dem Grunde nach für ungerechtfertigt. Das FG gab der Klage teilweise statt[1]. Die Revision des Finanzamts und Anschlussrevision der Klägerin blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

  1. Die Bildung einer Rückstellung für die streitigen Zuwendungen unterliegt nicht den einschränkenden Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 EStG i.d.F. des StRefG 1990. Denn diese Einschränkungen erfordern Zuwendungen "anlässlich eines Dienstjubiläums", also eines Jubiläums des jeweiligen Arbeitnehmers durch Erreichen einer bestimmten Beschäftigungszugehörigkeit bei einem und demselben Arbeitgeber.
  2. Für die Frage, ob und in welcher Höhe für Zuwendungen aus Anlass eines Firmenjubiläums eine Rückstellung gebildet werden kann, bleibt es bei der Anwendung der allgemeinen Grundsätze. Deshalb ist im Streitfall eine Rückstellung zu bilden, wenn eine Verbindlichkeit dem Grunde nach besteht oder mit Wahrscheinlichkeit entstehen wird und hinsichtlich der Höhe dieser Verbindlichkeit Ungewissheit besteht[2]. Im Streitfall ist eine Verbindlichkeit dem Grunde nach durch die von der Klägerin eingegangene Betriebsvereinbarung begründet worden. In diesem Zusammenhang kann unerörtert bleiben, ob die Arbeitnehmer der Klägerin aus dieser Vereinbarung einen aufschiebend oder auflösend bedingten Anspruch erworben haben oder ob der Anspruch überhaupt erst mit dem Firmenjubiläum entstehen sollte. Denn auch für eine erst in Zukunft entstehende Verbindlichkeit muss eine Rückstellung gebildet werden[3].

Die Bildung der Rückstellung verlangt darüber hinaus, dass die ungewisse Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr oder in der davor liegenden Zeit wirtschaftlich verursacht worden ist[4]. Bezogen auf ein laufendes Arbeitsverhältnis ist dieses Erfordernis erfüllt, wenn eine künftige Leistung des Arbeitgebers im Hinblick auf eine schon bewirkte Leistung des Arbeitnehmers geschuldet wird. So liegt es im Streitfall. Die von der Klägerin versprochenen Zuwendungen bemessen sich nach einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit des einzelnen Arbeitnehmers und damit - jedenfalls teilweise - nach in der Vergangenheit liegenden Vorgängen.

  1. Das FG hält zutreffend lediglich den Teil der Zuwendungen für - anteilig -rückstellungsfähig, der sich variabel nach der Betriebszugehörigkeit bemisst. Soweit die Zuwendung in Gestalt eines fixen Sockelbetrages (bei vollbeschäftigten Arbeitnehmern von 1000 DM, bei anderen Arbeitnehmern in entsprechend geringerem Umfang) zugesagt worden ist, ist dieser Betrag nicht in der Vergangenheit wirtschaftlich verursacht. In diesem Umfang sind die Zuwendungen vielmehr unabhängig von den vor dem Bilanzstichtag erbrachten Leistungen aus Anlass des künftigen Jubiläums zu zahlen.
 

Link zur Entscheidung

BFH vom 29.11.2000 – I R 31/00

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