Leitsätze (amtlich)

  1. Bürgschaften, die die Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft für Verbindlichkeiten der Betriebskapitalgesellschaft übernehmen, können durch den Betrieb der Besitzpersonengesellschaft ver-anlasst sein und damit zum negativen Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter-Bürgen bei der Besitzpersonengesellschaft gehören, wenn die Übernahme der Bürgschaften zu nicht marktüblichen (fremdüblichen) Bedingungen erfolgt.
  2. Die Inanspruchnahme der Gesellschafter aus solchen Bürgschaften führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten für die zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter bei der Besitzpersonengesellschaft gehörenden Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft. Der Umstand, dass Verbindlichkeitsrückstellungen nur für solche künftigen Aufwendungen gebildet werden dürfen, die zu sofort abziehbaren Betriebsausgaben führen und nicht als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren sind, steht deshalb einer Rückstellung wegen drohender Inanspruchnahme aus solchen Bürgschaften nicht entgegen.
 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GbR, ist eine Besitzgesellschaft, an der A, B und C zu je 1/3 beteiligt sind. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Die Klägerin verpachtete ab 1.1. des Streitjahres 1993 ihr Unternehmen an die Betriebs-GmbH, an der ebenfalls A, B und C zu je 1/3 beteiligt waren. Das Stammkapital der GmbH betrug 51000 DM. Die GmbH-Anteile wurden in der Gesamtbilanz der GbR als Anlagevermögen ausgewiesen. Sie stellten unstreitig Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei der Klägerin dar. Am 12.10.1993 übernahmen A, B und C zur Sicherung von Kreditansprüchen gegen die GmbH jeweils unentgeltliche selbstschuldnerische Bürgschaften von 50 000 DM. Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der GmbH (Jahresfehlbetrag 1993: rd. 430000 DM; davon am 31.12.1993 nicht durch Eigenkapital gedeckt: rd. 391000 DM) schrieb die GbR in ihrer Gesamtbilanz zum31.12.1993 die zuvor mit 51 000 DM aktivierte GmbH-Beteiligung auf einen Erinnerungswert von 1 DM ab und bildete zugleich eine Rückstellung wegen drohender Inanspruchnahme aus den Bürgschaften ihrer Gesellschafter von 150 000 DM. Das Finanzamt erkannte diese Rückstellung nicht an und verminderte deshalb im angefochtenen Feststellungsbescheid den von der Klägerin für das Streitjahr 1993 erklärten Gesamtverlust um 150 000 DM. Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

  1. Die streitigen Bürgschaftsverpflichtungen und die mit ihnen korrespondierenden Befreiungs- bzw. Ersatzansprüche gehören zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter bei der Klägerin. Der BFH hat zu den Fällen, in denen die Gesellschafter der Besitzgesellschaft der Betriebs-GmbH Darlehen gewähren, ein gewichtiges Indiz für die Stärkung der Beteiligung der Gesellschafter an der Besitzpersonengesellschaft und damit für die Zugehörigkeit der betreffenden Darlehen zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter bei der Besitzpersonengesellschaft darin gesehen, dass die Darlehen der Betriebsgesellschaft nicht zu marktüblichen bzw. fremdüblichen Bedingungen gewährt werden[2]. Entsprechendes muss für Bürgschaften gelten, die die Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft der Betriebs-GmbH gewähren. Somit rechneten die streitigen Bürgschaftsverpflichtungen und die mit ihnen korrespondierenden Befreiungs und Ersatzansprüche zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter bei der Klägerin: Die Gesellschafter der Klägerin hatten die Bürgschaften nicht zu drittüblichen Bedingungen übernommen. Dies folgt vor allem daraus, dass die Gesellschafter die Bürgschaften zu einem Zeitpunkt übernahmen, als sich die GmbH bereits in einer sehr angespannten wirtschaftlichen Lage befand und - zumindest buchmäßig - erheblich überschuldet war. In dieser Krisensituation hätte ein Nichtgesellschafter der GmbH entsprechende Bürgschaften - wenn überhaupt - allenfalls gegen die Gewährung einer angemessenen (erhöhten) Risikoprämie übernommen, wohingegen die Gesellschafter der Klägerin die Personalsicherheiten sogar unentgeltlich gewährten. Die Gesellschafterbürgschaften stärkten damit die Beteiligung der Gesellschafter an der Klägerin auf zweifache Weise. Zum einen dienten diese finanziellen Maßnahmen zur Stützung der Betriebs-GmbH der Sicherung und Erhaltung der laufenden Pachteinnahmen der Klägerin selbst. Zum anderen führten diese Maßnahmen aber auch zu einer Stärkung der Mitunternehmerstellung der Gesellschafter in der Klägerin, indem die Bürgschaften - gleichsam reflexartig -den Wert der zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter bei der Klägerin gehörenden Anteile an der Betriebs-GmbH erhielten oder gar erhöhten. Letzteres erhellt nicht zuletzt auch aus der Erwägung, dass sich die Betriebs-GmbH infolge der Unentgeltlichkeit der Bürgschaftsübernahmen Aufwendungen ersparte und ein dadurch verursachter höherer Gewinn zu Ausschüttungen führen konnte, die i...

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