Leitsatz

Mit der Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Klärschlammzwischenlagers entsteht weder in der Person des veräußernden Grundstückseigentümers noch in der Person des das betreffende Grundstück erwerbenden Bauantragstellers ein vom Grund und Boden verselbständigtes Wirtschaftsgut "Auffüllrecht" mit Klärschlamm.

 

Sachverhalt

Ein den Gewinn nach den §§ 4, 5 EStG ermittelndes Tiefbauunternehmen erwarb 1982 ein unbebautes Grundstück und erhielt für das darauf befindliche Sandvorkommen eine Abbaugenehmigung mit der Auflage, die entstehende Grube bis zum 31.12.1990 zu rekultivieren. Nach Abbau des Sandvorkommens schloss das Unternehmen 1988 mit einem Abwasser-Zweckverband (AZV) einen notariellen Kaufvertrag über das Grundstück unter dem durch eine Rücktrittsklausel gesicherten Vorbehalt, dass dem AZV die Genehmigung zur Errichtung eines Zwischenlagers für Klärschlamm auf dem Grundstück erteilt werde. Der Kaufpreis umfasste eine Entschädigung für Grund und Boden und für das Auffüllrecht von vorläufig 116000 cbm. Nach Genehmigung des Zwischenlagers im Jahre 1992 einigten sich das Unternehmen und der AZV über die Aufhebung des Rücktrittsrechts und den Vollzug des Kaufvertrags mit Übergabe zum 1.12.1992. Das Unternehmen stellte den gesamten Veräußerungsgewinn (284676 DM) in seiner Bilanz zum 31.12.1992 in eine Rücklage gemäß § 6b EStG ein. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, das "Verfüllrecht" bilde kein mit dem Grund und Boden einheitliches, sondern ein selbständiges Wirtschaftsgut, so dass die darauf entfallende Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen sei. Gegen den entsprechenden Feststellungsbescheid erhob das Unternehmen erfolglos Klage. Mit der Revision rügt es Verletzung der §§ 5, 6b EStG.

 

Entscheidung

Der BFH verneint ein selbständiges Wirtschaftsgut "Auffüllrecht". Ein Auffüllrecht ist nicht durch die frühere Genehmigung zum Abbau des Sandvorkommens begründet worden, weil ausweislich der damit verbundenen Auflagen lediglich eine (Rechts-)Pflicht zur Verfüllung der durch die Aussandung entstandenen Grube auferlegt worden ist. Für diese Wiederauffüllpflicht als zukünftig anfallender Aufwand war in der Bilanz eine Rückstellung zu bilden[1]. Im Übrigen ist die Möglichkeit des AZV, das erworbene Grundstück unter Beachtung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften für ein konkretes Bauvorhaben zu nutzen, untrennbar mit dem Grund und Boden verbunden und hat nicht zur Folge, dass diese Nutzungsmöglichkeit als besonderes Wirtschaftsgut neben dem Grund und Boden anzusehen wäre.

Schließlich führen auch die vertragliche Absprache über die Zusammensetzung des Kaufpreises sowie die Vereinbarung eines höheren Kaufpreises für das Grundstück wegen der von den Vertragsparteien möglicherweise angenommenen Verselbständigung des Wirtschaftsguts "Auffüllrecht" zu keinem anderen Ergebnis. Tatsächlich konnte die Klägerin nur ein Grundstück verkaufen, welches auf Grund seiner besonderen geologischen Eigenschaften und der bereits vorhandenen Grube dem AZV die Möglichkeit eröffnete, unter Beachtung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften ein Klärschlammzwischenlager zu errichten. Der Abspaltung der durch die Sandentnahme entstandenen Grube und des dadurch geschaffenen faktischen Verfüllvolumens als selbständiges Wirtschaftgut vom Grund und Boden steht zudem entgegen, dass die von dem AZV beabsichtigte Nutzung der Grube als Klärschlammzwischenlager nicht in einen anderen Nutzungs- und Funktionszusammenhang gestellt wird als die Oberfläche des Grund und Bodens im Übrigen.

 

Praxishinweis

Für die Frage, ob Grundstück und Nutzung in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen, ist nicht auf die Nutzung durch den Veräußerer, sondern auf die durch den Erwerber abzustellen[2].

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.03.2003, IV R 27/01

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