Leitsatz

Wird der Verkauf eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft durch die Parteien des Kaufvertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage tatsächlich und vollständig rückgängig gemacht, kann dieses Ereignis steuerlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückwirken.

 

Sachverhalt

Eine Steuerpflichtige hat im Jahr 1997 ihren Geschäftsanteil an einer GmbH veräußert. Mit einem Vertrag aus dem Jahr 2003 haben die Vertragsbeteiligten wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (nicht vorhersehbare steuerliche Auswirkung der Ausschüttung aus dem EK 04 auf die Höhe des Veräußerungsgewinns i.S.v. § 17 EStG) ihren Rücktritt von dem GmbH-Anteilskaufvertrag aus dem Jahr 1997 erklärt. Streitig ist, ob es sich bei dem Vertrag aus dem Jahr 2003 um ein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO handelt. Das FG hat diese Frage bejaht.

Der BFH hat die Revision des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hat zutreffend keinen Veräußerungsgewinn der Besteuerung unterworfen. Ein Ereignis wirkt auf den bereits entstandenen materiellen Steueranspruch des § 17 Abs. 1 EStG ein und mithin zurück, wenn es sich materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung bezieht.

Ist der Kaufpreis schon beglichen, wirkt das Ereignis auf den Veräußerungstatbestand ein, wenn der Kaufpreis aus Gründen zurückgewährt wird, die im Kaufvertrag selbst angelegt sind. Ob dies aufgrund einer auflösenden Bedingung oder infolge Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage geschieht, ist unerheblich. Der erforderliche Anknüpfungspunkt liegt stets im Kaufvertrag und bezieht sich damit auf das Tatbestandsmerkmal der "Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft". Dem entspricht es, wenn die Rechtsprechung in der Rückabwicklung eines Anschaffungsgeschäfts wegen Vertragsstörungen kein steuerbares Veräußerungsgeschäft sieht.

Das FG hat die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Steuerpflichtigen und ihren Mitgesellschaftern zutreffend als Rückabwicklung des Anteilskaufvertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gewürdigt. Ist damit die "Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft" auch steuerrechtlich rückwirkend entfallen, kommt es nicht zu einer Besteuerung nach § 17 Abs. 1 EStG. Dementsprechend ist im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997 kein Veräußerungsgewinn anzusetzen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 28.10.2009, IX R 17/09.

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