Leitsatz (amtlich)

Erhält ein Unternehmen von seinen Kunden Zuschüsse zu den Herstellungskosten für Werkzeuge, die es bei der Preisgestaltung für die von ihm mittels dieser Werkzeuge herzustellenden und zu liefernden Produkte preismindernd berücksichtigen muss, so sind einerseits die Zuschüsse im Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung gewinnerhöhend zu erfassen und andererseits in der selben Höhe eine gewinnmindernde Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Diese Rückstellung ist sodann über die voraussichtliche Dauer der Lieferverpflichtung gewinnerhöhend aufzulösen. Das gilt auch dann, wenn die genannten Verpflichtungen des Zuschussempfängers sich nicht aus einem am Bilanzstichtag bestehenden Vertrag, sondern nur aus einer Branchenübung ergeben (faktischer Leistungszwang).

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine AG, produziert für verschiedene Automobilhersteller Serienteile für Kfz. Hierbei verwendet sie kundenspezifische Werkzeuge, die nur für bestimmte Kfz verwendbar sind und nur für Bestellungen des jeweiligen Kunden (Automobilwerks) verwendet werden dürfen. Die Klägerin stellt die genannten Werkzeuge selbst her. Sie erhält hierfür von dem jeweiligen Kunden "Werkzeugkostenbeiträge", durch die ihre Herstellungskosten teilweise abgedeckt werden. Die Werkzeuge selbst bleiben im Eigentum der Klägerin, die jedoch die geleisteten Beiträge bei ihrer Preiskalkulation für die gelieferten Teile preismindernd berücksichtigt. In ihrer Buchführung aktivierte die Klägerin die von ihr hergestellten Werkzeuge mit den gesamten Herstellungskosten. Zugleich bildete sie in Höhe der vereinnahmten Werkzeugkostenbeiträge Rückstellungen, die sie entsprechend der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von regelmäßig fünf Jahren anteilig auflöste. Dagegen hielt das Finanzamt die gebildeten Rückstellungen für unzulässig. Das FG wies die Klagen ab[1]. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

  1. Nicht erörterungsbedürftig ist, dass die Klägerin die von ihr hergestellten und in ihrem Eigentum verbleibenden Werkzeuge als Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens aktivieren und auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abschreiben kann und muss.
  2. Das FG hat zu Recht angenommen, dass die von den Kunden geleisteten "Werkzeugkostenbeiträge" Betriebseinnahmen der Klägerin sind, die deren Gewinne dem Grunde nach erhöhen. Entgegen der Ansicht des FG müssen diese Gewinnerhöhungen jedoch durch die Bildung und Auflösung von Verbindlichkeitsrückstellungen auf mehrere Jahre verteilt werden. Im Streitfall bestanden ungewisse Verbindlichkeiten der Klägerin i.S. von § 249 Abs. 1 HGB. Das gilt unabhängig davon, ob die Klägerin ernstlich mit einer Rückforderung der Werkzeugkostenbeiträge durch die Automobilhersteller rechnen musste. Denn jedenfalls bestand für sie an den jeweiligen Bilanzstichtagen die Verpflichtung, die Beiträge mindernd bei zukünftigen Preiskalkulationen zu berücksichtigen und ihre Kunden zu den auf diese Weise berechneten Preisen zu beliefern. Das reicht für eine Rückstellungsbildung aus. Zwischen der Zahlung der Werkzeugkostenbeiträge einerseits und dem Preis der von der Klägerin zu liefernden Automobilteile andererseits bestand ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang. Dieser ergab sich daraus, dass die Klägerin gehalten war, den Preis der Teile durch eine dem Kunden gegenüber offen zu legende Kalkulation zu bestimmen und bei dieser Kalkulation die anzusetzenden Herstellungskosten um die geleisteten Werkzeugkostenbeiträge zu kürzen. Die von den Kunden gezahlten Beiträge minderten mithin den Preis der Teile. Hinter dieser Gestaltung stand erkennbar die wirtschaftliche Erwägung, dass die Unsicherheit hinsichtlich der Anzahl der benötigten Teile von der Klägerin auf den jeweiligen Automobilhersteller verlagert werden sollte. Die Klägerin war zumindest faktisch gezwungen, die von den Automobilwerken zu bestellenden Teile in dem genannten Sinne "verbilligt" zu liefern. Ein faktischer Leistungszwang reicht für die Annahme einer ungewissen Verbindlichkeit aus[2].

Nach Ansicht des FG darf im Streitfall eine Verbindlichkeitsrückstellung nicht gebildet werden, weil die verbilligte Lieferung der Fahrzeugteile nicht den Aufwand der Klägerin erhöht, sondern deren Betriebseinnahmen vermindert. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung wird auch dadurch bestätigt, dass nach der Rechtsprechung des BFH die geleisteten Zahlungen beim Leistenden (hier: Kunden) als Anschaffungskosten eines Verwendungsrechts zu aktivieren sind[3].

  1. Die hiernach zu Recht gebildeten Rückstellungen hat die Klägerin über fünf Jahre verteilt aufgelöst. Das ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht zu beanstanden. Nach den Feststellungen des FG belief sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der von den Automobilwerken bezuschussten Werkzeuge auf fünf Jahre. Vor diesem Hintergrund führte die Auflösung der Rückstellung über fünf Jahre dazu, dass der durch die Zuschüsse erzielte Ertrag auf denjenigen Zeitraum verteilt ...

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