Leitsatz

Ein Arbeitnehmer kann mit der Vermietung seines Pkw an den Arbeitgeber selbstständig (unternehmerisch) tätig werden. Ob die Mietzahlungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer ertragsteuerrechtlich als Arbeitlohn qualifiziert werden können, spielt umsatzsteuerrechtlich keine Rolle.

 

Sachverhalt

Der Kläger – Angestellter in einer Steuerberaterkanzlei – durfte Dienstreisen und Dienstfahrten nur nach Absprache mit dem Arbeitgeber vornehmen. Für die Benutzung seines Pkw erhielt er eine Vergütung von 0,52 DM pro Kilometer.

2002 erwarb er bei einem Autohaus einen Pkw für 13.211,21 EUR zzgl. 2.113,79 EUR Umsatzsteuer. Den Kaufpreis finanzierte er über ein zeitgleich abgeschlossenes Darlehen (35 Monatsraten über je 222,83 EUR, abschließende Rate i. H. von 4.000 EUR).

Daraufhin vermietete der Kläger (schriftlich) den Pkw seinem Arbeitgeber ab August 2002 bis mindestens August 2005.

Als monatliches Entgelt waren 190 EUR zzgl. Umsatzsteuer vereinbart und in Rechnung gestellt.

Gemäß einer Ergänzung des Arbeitsvertrags wurde dem Kläger ab August 2002 "ein betrieblicher Pkw zur Verfügung gestellt, welchen er auch für Privatfahrten nutzen darf. Die Besteuerung nach den gesetzlichen Vorschriften geht zu seinen Lasten. Für Betriebsfahrten muss das Fahrzeug auch anderen Arbeitnehmern überlassen werden. Die Kanzleileitung behält sich die Einteilung des Fahrzeugs für Betriebsfahrten vor. Diese haben immer Vorrang vor den Privatfahrten des Angestellten".

Diese Vereinbarungen wurden in der Folgezeit umgesetzt. So versicherte der Arbeitgeber das Fahrzeug, ließ dieses auf sich zu, überwies die Mieten auf das im Mietvertrag angegebene Konto und entrichtete für die private Kfz-Nutzung des Klägers Lohnsteuer.

Das Finanzamt versagte dem Kläger den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Pkw. Es ging von Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten aus, wenn Vermieter und tatsächlich Nutzender identisch seien.

Das FG gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Auffassung des FG, dass der Kläger den streitigen Vorsteuerbetrag abziehen kann.

Er war mit der Vermietung des Pkw an den Arbeitgeber selbstständig und damit als Unternehmer tätig (insoweit für eigene Rechnung und eigene Verantwortung).

Das Finanzamt hat sich darauf gestützt, dass – nach der BFH-Rechtsprechung zum Ertragsteuerrecht – Zahlungen des Arbeitgebers für die Anmietung eines Arbeitszimmers vom Arbeitnehmer (die also zu Mieteinnahmen des Arbeitnehmers führen) dem Arbeitslohn zuzuordnen seien; es nahm daher "de facto eine einheitlich zu beurteilende Leistung des Arbeitnehmers" an.

Dieses Vorbringen hatte keinen Erfolg; denn die ertragsteuerrechtlichen Grundsätze zur Qualifikation der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder aus nichtselbstständiger Arbeit spielen jedenfalls für die Frage der Selbstständigkeit einer Tätigkeit keine Rolle.

Umsatzsteuerrechtlich ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 UStG, dass natürliche Personen nur unselbstständig handeln, "soweit" sie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses tätig werden.

Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) hatte die Vorentscheidung ohne Rechtsfehler verneint und wurde vom Finanzamt in der Revisionsbegründung nicht mehr aufgegriffen.

An das FG musste aber zurückverwiesen werden, um zu prüfen, ob die Vermietung des Pkw des Klägers an seinen Arbeitgeber gemäß der sog. Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG i. V. mit § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG 1999 nach den für diesen Umsatz entstandenen Kosten zu besteuern waren. Die monatlichen Darlehensraten von 222,83 EUR und die abschließende Rate i. H. von 4.000 EUR deckten nicht den gesamten Kaufpreis.

Der Arbeitgeber kann aufgrund des Arbeitsverhältnisses eine dem Kläger nahestehende Person sein.

Ferner fehlten Feststellungen des FG, ob das Entgelt von 190 EUR marktüblich war.

 

Hinweis

Die Entscheidung bestätigt zum einen die umsatzsteuerrechtliche Unerheblichkeit ertragsteuerrechtlicher Einkunfts-Qualifikationen. Die Merkmale der Selbstständigkeit sind dagegen grundsätzlich identisch.

Der Vorsteuerabzug wurde nicht teilweise nach (dem im Streitjahr noch geltenden) § 15 Abs. 1b UStG 1999 ausgeschlossen, weil der Kläger das Fahrzeug im Rahmen seines Unternehmens nicht privat nutzte, sondern er stellte es dem Arbeitgeber vollständig zur Verfügung. Lediglich aufgrund des Arbeitsvertrags war es ihm möglich, das Fahrzeug auch privat zu nutzen.

Andererseits belegt der Streitfall eine Störung des Neutralitätsprinzips der Mehrwertsteuer aufgrund des Zuordnungsprinzips bei gemischt unternehmerisch/privat genutzten Gegenständen.

Hintergrund ist die Armbrecht-/Seeling-Rechtsprechung des EuGH. Dadurch, dass man als Unternehmer einen solchen Gegenstand voll dem Unternehmen zuordnen kann, ergibt sich über den vollen Sofort-Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Gegenstands ein Finanzierungsvorteil; im Gegensatz zum Erwerb durch den Privatmann. Die Eigenverbrauchsbesteuerung für die Privatnutzung gleicht dies nicht aus.

Der Arbeitnehmer im Streitfall ko...

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