Leitsätze (amtlich)

  1. Sagt eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Alters-und/oder eine Invaliditätsversorgung zu, so ist diese Zusage im Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn die Versorgungsverpflichtung im Zeitpunkt der Zusage nicht finanzierbar ist. In diesem Fall stellen die Zuführungen zu der zu bildenden Pensionsrückstellung vGA dar (Bestätigung des Senatsurteils vom 20.12.2000, IR 15/00, INF 2001, S. 412).
  2. Eine Versorgungszusage ist nicht finanzierbar, wenn die Passivierung des Barwerts der Pensionsverpflichtung zu einer Überschuldung der Gesellschaft im insolvenzrechtlichen Sinne führen würde.
  3. Auch bei der Beurteilung der Finanzierbarkeit einer im Invaliditätsfall eintretenden Versorgungsverpflichtung ist nur deren im Zusagezeitpunkt gegebener versicherungsmathematischer Barwert (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG) anzusetzen. Es ist nicht von demjenigen Wert auszugehen, der sich bei einem alsbaldigen Eintritt des Versorgungsfalls ergeben würde (Bestätigung des Senatsurteils in INF 2001, S. 412).
  4. Ist eine Versorgungsverpflichtung in ihrer Gesamtheit nicht finanzierbar, so ist im allgemeinen davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter statt der unfinanzierbaren eine finanzierbare Verpflichtung eingegangen wäre.
 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine 1989 gegründete GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der 1955 geborene K ist. Die Klägerin erzielte in den Jahren 1989 und 1990 Verluste, in der Folgezeit aber steigende Gewinne. Am 1.1.1994 erhielt K eine Pensionszusage über eine lebenslange Altersrente von 6 000 DM monatlich. Die Rente sollte bei Ausscheiden aus dem Dienst der Klägerin nach dem 65. Lebensjahr gezahlt werden. Im Fall der Invalidität sollte K eine Invalidenrente von ebenfalls 6 000 DM erhalten. Die Zusage wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 15.1.1994 um einen Inflationsausgleich von 2% auf die Anwartschaften und die fälligen Renten erweitert. Die Klägerin bildete in ihren Bilanzen für die Streitjahre Pensionsrückstellungen von 100365 DM (1994), 123 820 DM (1995) und 167 087 DM (1996). Dagegen behandelte das Finanzamt die Zuführungen zu der Pensionsrückstellung als vGA, weil im Invaliditätsfall der Kapitalwert der Rentenverpflichtung das bilanzielle Eigenkapital der Klägerin per 31.12.1994 deutlich überstiegen hätte. Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück.

 

Entscheidungsgründe

Das FG hat die Zuführungen zu der Pensionsrückstellung deshalb als vGA angesehen, weil es angenommen hat, dass die dem K erteilte Versorgungszusage nicht finanzierbar gewesen sei. Hierzu hat es darauf abgestellt, dass bei einem unmittelbar nach dem jeweiligen Bilanzstichtag eintretenden Versorgungsfall die Pensionsrückstellung hätte aufgestockt werden müssen und dass dies zu einer bilanziellen Überschuldung der Klägerin geführt hätte. Dem schließt sich der Senat nicht an. Dem FG ist allerdings insoweit zu folgen, als eine Pensionszusage einer Kapitalgesellschaft zugunsten ihres Gesellschafter-Geschäftsführers - zumindest im Regelfall - durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, wenn die eingegangene Versorgungsverpflichtung für die Gesellschaft nicht finanzierbar ist[2]. Richtig ist ferner die Annahme des FG, dass Maßstab der erforderlichen Prüfung die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Erteilung der Pensionszusage sein müssen[3]. Das ist im Streitfall der 1.1.1994, da die Klägerin an diesem Tag dem K erstmals eine konkrete Versorgung zugesagt hat. Entgegen der Auffassung des FG und der Finanzverwaltung[4] fehlt die erforderliche Finanzierbarkeit einer Pensionsverpflichtung jedoch nicht schon immer dann, wenn im ungünstigsten Fall - bei Verwirklichung des größten denkbaren Risikos - die zu bildende Pensionsrückstellung auf einen Wert aufgestockt werden müsste, der zu einer bilanziellen Überschuldung der Gesellschaft führen würde. Es trifft zwar zu, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter keine Situation schaffen oder in Kauf nehmen würde, in der der Gesellschaft eine Überschuldung und damit die Insolvenz droht. Doch muss der Geschäftsleiter bei Erteilung einer Pensionszusage nur dasjenige Versorgungsrisiko berücksichtigen, das sich im Barwert der künftigen Pensionsleistungen i.S. des § 6a Abs. 3 Satz 2Nr. 2 EStG niederschlägt[5].

Im zweiten Rechtsgang wird das FG daher prüfen müssen, ob die Passivierung des Anwartschaftsbarwerts im Zusagezeitpunkt zu einer Situation geführt hätte, in der die Klägerin nach den einschlägigen insolvenzrechtlichen Bestimmungen einen Konkursantrag hätte stellen müssen. Nur wenn diese Frage zu bejahen ist, kann die Pensionsverpflichtung aus der Sicht des Zusagezeitpunkts als nicht finanzierbar angesehen werden. Im Rahmen der erforderlichen Überschuldungsprüfung wird u.a. auch untersucht werden müssen, ob aus insolvenzrechtlicher Sicht ein Insolvenzantrag im Hinblick auf eine positive Fortführungsprognose entbehrli...

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