Leitsatz

Betriebliche Verbindlichkeiten, welche beim Veräußerer aufgrund steuerlicher Rückstellungsverbote (hier: für Jubiläumszuwendungen und für Beiträge an den Pensionssicherungsverein) in der Steuerbilanz nicht bilanziert worden sind, sind bei demjenigen Erwerber, der die Verbindlichkeit im Zuge eines Betriebserwerbs übernommen hat, keinem Passivierungsverbot unterworfen, sondern als ungewisse Verbindlichkeit auszuweisen und von ihm auch an den nachfolgenden Bilanzstichtagen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit ihren Anschaffungskosten oder ihrem höheren Teilwert zu bewerten (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 16.12.2009, I R 102/08, BStBl 2011 II S. 566; entgegen BMF-Schreiben vom 24.6.2011, BStBl 2011 I S. 627).

 

Sachverhalt

Die D-GmbH übernahm zum 1.7.1994 den Betrieb der T-GmbH. Deren Vermögensgegenstände und Schulden – ausgenommen immaterielle Wirtschaftsgüter – wurden in der Handelsbilanz auf den 1.7.1994 mit den Buchwerten angesetzt. Der Firmenwert wurde nach Abzug der Buchwerte und der bewerteten Vermögensgegenstände ermittelt. Hierbei wurden Jubiläumsrückstellungen und Rückstellungen für Verpflichtungen gegenüber dem Pensionssicherungsverein (PSV) übernommen, die bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt worden waren.

Strittig ist, ob diese Passiva trotz steuerlicher Ausweisverbote in der Steuerbilanz zum 31.12.1994 anzusetzen sind. FG und BFH bejahten dies.

 

Hinweis

Der BFH hat bereits entschieden, dass betriebliche Verbindlichkeiten, die beim Veräußerer aufgrund von Rückstellungsverboten nicht bilanziert wurden, bei dem Erwerber keinem Passivierungsverbot unterworfen, sondern als ungewisse Verbindlichkeiten auszuweisen sind.

Das BMF ist dem nur im Ausgangspunkt gefolgt: Das Abzugsverbot gilt zwar nicht für die Eröffnungsbilanz bzw. für die erstmalige buchtechnische Erfassung, jedoch für den nächsten Bilanzstichtag – allerdings nur für den Schuldbeitritt, nicht für eine Schuldübernahme.

Der BFH ist seinen Weg konsequent weitergegangen: Was für den Schuldbeitritt gilt, gilt auch für die Schuldübernahme. Durch den Ankauf werden die betreffenden Verbindlichkeiten realisiert. Der Erwerber muss hierfür fortan nicht mehr im Rahmen eines schwebenden Vertrags einstehen, sondern vielmehr aufgrund eines dinglichen Erfüllungsakts.

Die Erfolgsneutralität der Anschaffung endet handels- wie steuerbilanziell nicht mit dem Anschaffungsvorgang, sondern gilt aufgrund von § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG auch für den ersten folgenden Bilanzstichtag. Daher können die steuerlichen Ansatzverbote und -beschränkungen durch einen asset deal umgangen werden. Das betrifft z.B. Drohverlust-, Jubiläums- und Pensionsrückstellungen. Dies gilt jedenfalls de lege lata; es ist jedoch abzusehen, dass der Gesetzgeber dem alsbald einen Riegel vorschieben wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 14.12.2011, I R 72/10.

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