Leitsatz

Ein Unternehmer kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. b und c UStG nur für die unmittelbar durch den Betrieb der in der Vorschrift bezeichneten Einrichtung selbst bewirkten Umsätze beanspruchen.

 

Sachverhalt

Klägerin ist eine AG, deren Gegenstand insbesondere die Verwaltung und Verwertung eines Bades (Großanlage, Thermalwasser-Bäderlandschaft) war. Sie war zu 100 % beteiligt an

  • der Klinikum-GmbH, die ein anerkanntes Krankenhaus betrieb,
  • der Kur-GmbH, die Thermalwasserbäder für ambulante Heil-, Vorsorge- und Kurbehandlungen betrieb, sowie
  • der T-GmbH.

An diese Gesellschaften hatte sie ihren Grundbesitz verpachtet.

Die AG sah sich umsatzsteuerrechtlich als Organträgerin ihrer Tochtergesellschaften mit steuerfreien Umsätzen aus Heilbehandlung an. Das Finanzamt bejahte zwar die Organschaft, behandelte aber nicht nur die an Besucher des Bades ohne ärztliche Verordnung erbrachten Leistungen der Kur-GmbH, sondern auch die der ambulanten Durchführung von "Heil- u.ä. Behandlungen" aufgrund ärztlicher Verordnung dienenden Leistungen als steuerpflichtig. Nur das von der Kur-GmbH räumlich, organisatorisch und nach seiner Versorgungsaufgabe klar abgrenzbare Klinikum erfülle die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG. Dagegen sei die Kur-GmbH kein Krankenhaus i.S. der Vorschrift.

Auch im Organkreis gelte die Selbständigkeit der beteiligten Gesellschaften im Rahmen von § 4 Nr. 16 UStG. § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG greife nicht ein, weil die streitigen Leistungen nicht "unter ärztlicher Aufsicht erbracht werden". Bei zwei ambulanten Ärzten im Kurmittelhaus bei einer täglichen Besucherzahl von bis zu 6000 sei eine fachlich-medizinische Verantwortung ausgeschlossen.

Das FG gab der Klage statt. Es meinte, als Organträgerin sowohl der Klinikum-GmbH als auch der Kur-GmbH erziele die Klägerin die befreiten Krankenhausumsätze und damit engverbundene Umsätze (Kur-GmbH). Ohne Bedeutung sei, ob die Klägerin bloße Holdinggesellschaft oder eine Gesellschaft mit eigener geschäftlicher Tätigkeit sei; es genüge, wenn die Voraussetzungen der Organschaft erfüllt seien. Das Finanzamt legte Revision ein, der das BMF wegen möglicher Auswirkungen der Organschaftsproblematik beitrat.

 

Entscheidung

Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen.

  1. Ob eine Holdinggesellschaft ohne eigene Umsätze Organträger sein kann, wie das FG unterstellte, ist zweifelhaft. Für eine juristische Person des öffentlichen Rechts hat der BFH die Frage bereits verneint[1]. Im Streitfall ließ der BFH offen, ob er noch an der gegenteiligen früheren Auffassung zu juristischen Personen des Privatrechts festhält, denn die AG hatte ihren Grundbesitz an die drei Beteiligungsgesellschaften verpachtet und war deshalb Unternehmerin.
  2. Ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung vorlagen, konnte mangels ausreichender Feststellungen zum Inhalt der streitigen Leistungen nicht abschließend entschieden werden.

§ 4 Nr. 16 Buchst. b und c UStG befreit unter weiteren Voraussetzungen nur die mit dem Betrieb bestimmter "Einrichtungen ärztlicher Heilbehandlung" eng verbundenen Umsätze. Eine Einrichtung in diesem Sinn ist eine funktionelle Einheit, die grundsätzlich nicht mit dem Unternehmer gleichzusetzen ist. Nur die Umsätze sind steuerbefreit, die mit dem Betrieb einer Einrichtung, die die im entsprechenden Tatbestand beschriebene Funktion erfüllt, eng verbunden sind. Andere Umsätze desselben Unternehmers, die nicht unmittelbar durch die bezeichnete Einrichtung selbst ausgeführt werden, sind von der Steuerbefreiung nicht erfasst.

  • Im Streitfall sind hiernach die von der Kur-GmbH ausgeführten Leistungen nicht nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG befreit, weil diese selbst unstreitig kein Krankenhaus ist; die streitigen Leistungen sind nicht durch den Betrieb der Einrichtung selbst (Klinikum-GmbH) bewirkt worden.
  • Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG für Leistungen anderer Einrichtungen unter "ärztlicher Aufsicht" soll nur solche Leistungen umsatzsteuerlich begünstigen, die hinsichtlich ihrer fachlichen Ausführung einem Qualitätsvergleich mit einer ärztlichen Heilbehandlung standhalten. Eine der ärztlichen Heilbehandlung vergleichbare Qualität der Ausführung ist aber nur dann gewährleistet, wenn die ärztliche Aufsicht stetig und situationsangemessen stattfindet. Ausreichende Feststellungen dazu fehlten angesichts der geringen Ärztezahl gegenüber der hohen Besucherzahl.
 

Praxishinweis

Auch die Bildung einer Organschaft ändert nichts daran, dass von den beim Organträger gebündelten Umsätzen der Organgesellschaften nur die nach § 4 Nr. 16 UStG befreit sind, die von "Einrichtungen" i.S. der Vorschrift ausgeführt werden. Die Befreiung von Umsätzen der Heilbehandlung in § 4 Nr. 14 und 16 UStG ist wie folgt abschließend geregelt:

  • Umsätze in Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen (in deren Namen) sind nach den Voraussetzungen von § 4 Nr. 16 Buchst. b und c UStG befreit. Davon nicht erfasst werden Umsätze mit Privatliquidation durch Krankenhausärzte, also im eigenen Namen; sie f...

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