Rz. 690

Das Gesetz hat dem Aufsichtsrat die Aufgabe des Kontrollorgans zugewiesen und ihm dafür folgende konkrete Mittel zur Verfügung gestellt, um seiner Überwachungsfunktion nachzukommen:

Berichterstattung des Vorstands

 

Rz. 691

Der Aufsichtsrat kann jederzeit vom Vorstand Auskünfte über alle Angelegenheiten der eG verlangen (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 GenG). Die Mustersatzung sieht sogar ausdrücklich vor, dass der Vorstand dem Aufsichtsrat über die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmenspolitik (insbesondere über die Finanz-, Investitions- und Personalplanung) zu berichten hat (§ 23 Abs. 3 MS). Die Berichtspflicht gegenüber dem Aufsichtsrat über wichtige Angelegenheiten der eG folgt auch aus der Sorgfaltspflicht des Vorstands (§ 34 Abs. 1 Satz 1 GenG).

Auch ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied kann vom Vorstand Auskünfte verlangen, allerdings nur an den (gesamten) Aufsichtsrat (§ 38 Abs. 1 Satz 4 GenG).[1]

Einsichtsrecht

 

Rz. 692

Der Aufsichtsrat kann außerdem die Bücher und Schriften der Genossenschaft sowie den Bestand der Genossenschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren einsehen und prüfen (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GenG).

Im Rahmen seiner Überwachungsfunktion muss der Aufsichtsrat die Möglichkeit haben, sämtliche Geschäftsunterlagen einzusehen, wozu auch die Protokolle der Vorstandssitzungen gehören.[2] Der Vorstand ist daher grundsätzlich nicht berechtigt, z. B. mit Hinweis auf Geheimhaltung die Einsicht in die Vorstandsprotokolle zu verweigern.[3] Aufsichtsratsmitglieder unterliegen schließlich im Rahmen ihrer Amtsausübung ebenso der Verschwiegenheitspflicht (siehe Rn. 750). Es liegt jedoch im Ermessen des Aufsichtsrats, ob und inwiefern er von diesem Einsichtsrecht Gebrauch macht.[4]

Im Hinblick auf die Einsicht in Unterlagen ist der Ansprechpartner für den Aufsichtsrat grundsätzlich der Vorstand, ggf. ein bestimmtes Vorstandsmitglied. Ein eigenes und selbstständig ausgeübtes Zugriffsrecht besteht nur in Ausnahmefällen, etwa wenn ein dringender Verdacht besteht, dass es schon zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist und die Gefahr der Verdeckung oder Vertuschung besteht (z. B. in Form einer Vernichtung oder nachträglichen "Korrektur" von Unterlagen). Gleiches gilt für die Frage, ob der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Prüfung direkt mit den Mitarbeitern der Geschäftsstelle korrespondieren darf. Diese sind im Normalfall nicht der zulässige Ansprechpartner für den prüfenden Aufsichtsrat.

 

Rz. 693

Prüfung von Jahresabschluss, Lagebericht und Vorschlag für die Verwendung des Jahresüberschusses/ für die Deckung des Jahresfehlbetrags

Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss, den Lagebericht und die Vorschläge des Vorstands für die Verwendung eines Jahresüberschusses oder die Deckung eines Jahresfehlbetrags zu prüfen, über das Ergebnis der Prüfung hat er der Generalversammlung vor der Feststellung des Jahresabschlusses zu berichten (§§ 38 Abs. 1 Satz 5 GenG, 25 Abs. 5 MS).

 

Rz. 694

Einbeziehung des Aufsichtsrats in den Prüfungsablauf

Der Prüfungsbericht ist ein wichtiges Mittel für den Aufsichtsrat, um seiner Aufgabe, den Vorstand zu überwachen, nachkommen zu können.[5] Im Genossenschaftsgesetz ist daher bereits eine frühzeitige Einbeziehung des Aufsichtsrats in den Ablauf der Prüfung durch den Prüfungsverband[6] vorgeschrieben.

 

Rz. 695

Der Verband hat dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats den Beginn der Prüfung rechtzeitig anzuzeigen. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat daraufhin die übrigen Mitglieder des Aufsichtsrats unverzüglich über den Beginn der Prüfung zu unterrichten und sie auf ihr Verlangen oder auf Verlangen des Prüfers zur Prüfung zuzuziehen (§ 57 Abs. 2 GenG).

 

Rz. 696

Von wichtigen Feststellungen, nach denen dem Prüfer sofortige Maßnahmen des Aufsichtsrats erforderlich erscheinen, soll der Prüfer unverzüglich den Aufsichtsratsvorsitzenden in Kenntnis setzen (§ 57 Abs. 3 GenG).

 
Praxis-Beispiel

Während der Prüfung wird festgestellt, dass der Vorstand Geld der eG unterschlagen hat. Der Prüfer informiert davon den Aufsichtsratsvorsitzenden, damit der Aufsichtsrat u. a. entscheiden kann, ob eine vorläufige Amtsenthebung in Betracht kommt.

 

Rz. 697

In unmittelbarem Zusammenhang mit der Prüfung soll der Prüfer in einer gemeinsamen Sitzung den Vorstand und den Aufsichtsrat über das voraussichtliche Ergebnis der Prüfung mündlich unterrichten (Prüfungsschlusssitzung, § 57 Abs. 4 Satz 1 GenG). Der Prüfer kann zu diesem Zweck außerdem verlangen, dass der Vorstand oder der Vorsitzende des Aufsichtsrats zu einer solchen Sitzung einladen; wird seinem Verlangen nicht entsprochen, so kann er selbst Vorstand und Aufsichtsrat unter Mitteilung des Sachverhalts einberufen (§ 57 Abs. 4 Satz 2 GenG).

 

Rz. 698

Wenn nach der Satzung kein Aufsichtsrat gebildet werden muss, so werden die Rechte und Pflichten des Aufsichtsratsvorsitzenden nach § 57 Abs. 2 bis 4 GenG durch einen Bevollmächtigten wahrgenommen, den die Generalversammlung wählt. Der Bevollmächtigte muss in diesem Fall ein Mitglied der Gen...

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