Rz. 403

Der Vorstand ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Organ der Genossenschaft. Jede Genossenschaft muss daher einen Vorstand haben (§ 9 Abs. 1 Satz 1 GenG); ein Verzicht aufgrund einer Satzungsregelung ist deshalb – im Gegensatz zu einem Verzicht auf einen Aufsichtsrat bei sog. Kleinstgenossenschaften (§ 9 Abs. 1 Satz 2 GenG)[1] – nicht möglich.

 

Rz. 404

Die Aufgaben des Vorstands können auch nicht durch eine Satzungsregelung – und zwar weder ganz noch teilweise – auf andere Organe übertragen werden. Abweichungen von den Bestimmungen des Genossenschaftsgesetzes durch die Satzung sind nämlich nur insoweit möglich, als dies das Gesetz ausdrücklich zulässt (§ 18 Satz 2 GenG). So hat nach dem Genossenschaftsgesetz der Vorstand die Genossenschaft unter eigener Verantwortung zu leiten (Leitungsbefugnis, § 27 Abs. 1 Satz 1 GenG). Das Gesetz lässt in diesem Zusammenhang aber zu, dass die Satzung Beschränkungen der Leitungsbefugnis vorsieht (Zustimmungsvorbehalte), die der Vorstand zu beachten hat (§ 27 Abs. 1 Satz 2 GenG). Die Mustersatzung enthält solche Zustimmungsvorbehalte ("Gegenstände der gemeinsamen Beratungen von Vorstand und Aufsichtsrat", § 28 MS).[2]

 

Rz. 404a

Nach der Reform des Genossenschaftsrechts im Jahr 2017 kann die Satzung bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern vorsehen, dass der Vorstand an Weisungen der Generalversammlung gebunden ist (§ 27 Abs. 1 Satz 3 GenG). Nach der Begründung des Gesetzentwurfs kann sich eine solche Satzungsregelung insbesondere für Genossenschaften mit geringer Mitgliederzahl anbieten, bei denen die Mitglieder gleichberechtigt agieren wollen und sich der Vorstand im Wesentlichen nur als Vertreter nach außen versteht. Weiter wird in der Gesetzesbegründung dazu ausgeführt, dass auch Genossenschaften, die künftig alternierend der vereinfachten Prüfung unterfallen, prüfen könnten, ob eine solche Satzungsregelung als Ausgleich dazu, dass die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung nur noch eingeschränkt vom Prüfungsverband geprüft wird, sinnvoll wäre; dabei sollten aber auch mögliche Nachteile wie etwa eine Verlangsamung von Geschäftsführungsentscheidungen in die Überlegungen einbezogen werden.[3]

 

Rz. 405

Die Stärkung der Stellung des Vorstands gegenüber den übrigen Organen der Genossenschaft erfolgte bereits durch die Reform des Genossenschaftsrechts im Jahr 1973 (Genossenschaftsnovelle 1973). Deren Ziel war u. a., die Chancengleichheit der Genossenschaft im Wettbewerb mit den anderen Rechtsformen, insbesondere der Aktiengesellschaft, zu gewährleisten. Darum entspricht die Leitungsverantwortung des Vorstands der eG nach § 27 Abs. 1 Satz 1 GenG der Leitungsverantwortung des Vorstands der AG (§ 76 Abs. 1 AktG).[4]

[1] Siehe Rn. 610.
[2] Siehe Rn. 544 ff.
[3] Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 13.3.2017, BT-Drs. 18/11506, 27; siehe dazu auch Lang/Weidmüller/Holthaus/Lehnhoff, GenG, § 27 Rn. 22a.
[4] Siehe dazu im Einzelnen u. a. Beuthien/Beuthien, GenG, § 27 Rn. 2.

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