Leitsatz

Der VIII. Senat hat mit Beschluss vom 14.10.2003 (VIII R 48/98, BFH/NV 2004, S. 331) seinen Vorlagebeschluss vom 23.1.2001 (VIII R 48/98, BStBl II 2001, S. 395 = INF 2001, S. 379) aufgehoben. Er sieht davon ab, die Frage nach der Bewertung der Nutzungsentnahme im Fall der privat veranlassten Beschädigung eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens (hier: Verkehrsunfall auf einer Privatfahrt) dem Großen Senat des BFH erneut vorzulegen.

 

Sachverhalt

Zum Betriebsvermögen der Klägerin, einer GbR, gehörte ein Pkw, der 1990 auf einer Privatfahrt eines Angehörigen der Gesellschafter ohne Fremdeinwirkung zerstört und anschließend veräußert wurde. Der Restbuchwert des Pkw zum Unfallzeitpunkt betrug 6067 DM, der Veräußerungserlös 2631 DM. Aus der Vollkaskoversicherung erhielt die GbR eine Ersatzleistung von 16717 DM (17367 DM abzüglich 650 DM Selbstbeteiligung). Das Finanzamt erfasste sowohl den Veräußerungserlös als auch die Versicherungsleistung abzüglich Restbuchwert als Betriebseinnahme, somit insgesamt 13281 DM. Das FG gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt. Nach seiner Meinung war die Leistung aus der Kaskoversicherung privat veranlasst und daher keine Betriebseinnahme; den Buchwertverlust von 3436 DM (6067 DM Restbuchwert vor Unfall abzüglich 2631 DM Restbuchwert nach Unfall) neutralisierte das FG durch den Ansatz einer Nutzungsentnahme.

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil auf und wies die Klage ab. Zwar kann die Nutzungsentnahme nur mit dem Buchwertverlust aufgrund der privat veranlassten Beschädigung des Fahrzeugs bewertet werden, also mit 3436 DM; jedoch ist sowohl der Erlös aus der Veräußerung des beschädigten Pkw als auch die Versicherungsleistung – jedenfalls soweit sie die Teilwertabschreibung überschreitet – als Betriebseinnahme zu erfassen. Im Saldo ergab sich hieraus ein Gewinn von 13281 DM. Der VIII. Senat hält zwar grundsätzlich an der im Vorlagebeschluss von 23.1.2001[1] geäußerten Meinung fest, dass die Nutzungsentnahme aufgrund des Pkw-Unfalls mit dem Teilwert, d.h. der Differenz zwischen den tatsächlichen Werten des Fahrzeugs vor und nach dem Unfall anzusetzen und die Versicherungsleistung als private Vermögensmehrung zu qualifizieren ist. Insbesondere mit Blick auf die Anerkennung etwaiger Reparaturaufwendungen als Betriebsausgaben spricht nach Meinung des VIII. Senats vieles dafür, die bisherige Rechtsprechung in diesem Sinne zu korrigieren. Im Streitfall kann diese Frage aber offen bleiben. Denn auch auf der Grundlage der im Vorlagebeschluss vertretenen Beurteilung kann die Klage keinen Erfolg haben, da sich hiernach eine Gewinnerhöhung um 13931 DM (17367 DM Pkw-Wert vor Unfall abzüglich 3436 DM Teilwertabschreibung aufgrund Unfall) ergibt und es dem Senat verwehrt ist, in Höhe der Differenz von 650 DM, die der Selbstbeteiligung entspricht, die angefochtenen Bescheide zu Lasten der GbR zu ändern (Verböserungsverbot). Der VIII. Senat hat deshalb davon abgesehen, die Frage nach der Bewertung von Nutzungsentnahmen sowie nach der steuerrechtlichen Qualifikation von Ersatzleistungen erneut dem Großen Senat vorzulegen.

 

Praxishinweis

Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung sind Nutzungsentnahmen nur mit dem Buchwertverlust aufgrund der privat veranlassten Beschädigung des Wirtschaftsguts zu bewerten; andererseits sind jedoch sowohl der Erlös aus der Veräußerung des beschädigten Wirtschaftsguts als auch die Versicherungsleistung – soweit sie die Teilwertabschreibung überschreitet – als Betriebseinnahmen zu erfassen[2]. Ursprünglich hatte der VIII. Senat diese Auffassung mit seinem Vorlagebeschluss an den Großen Senat vom 23.1.2001[3] auf den Prüfstand stellen wollen. Mit dem Aufhebungsbeschluss vom 14.10.2003[4] dürfte aber klar sein, dass es bei der bisherigen BFH-Rechtsprechung bleibt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 16.3.2004, VIII R 48/98

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