Leitsatz

  1. Ist Organträger eine natürliche Person, sind Gewinne aus der Veräußerung von Teilbetrieben der Organgesellschaft nicht dem ermäßigten Steuersatz des § 34 EStG zu unterwerfen.
  2. Der Gewinn aus der Veräußerung des Teilbetriebs der Organgesellschaft unterliegt der Gewerbesteuer beim Organträger.
 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige war Inhaber einer Einzelfirma und alleiniger Gesellschafter sowie Geschäftsführer einer GmbH, mit der ein Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag bestand. Die Organ-GmbH unterhielt verschiedene Filialen, von denen sie eine mit Gewinn veräußerte. Das Finanzamt erfasste das Einkommen der GmbH einschließlich Veräußerungsgewinn beim Steuerpflichtigen als laufenden Gewinn ohne Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG und unterwarf ihn durch Einbeziehung in den einheitlichen Gewerbesteuer-Messbetrag auch der Gewerbesteuer. Der Steuerpflichtige wandte ein, der Gewinn aus der Veräußerung der Filiale sei bei der Einkommensteuer ermäßigt mit dem halben Steuersatz zu besteuern und unterliege nicht der Gewerbesteuer.

 

Entscheidung

Nach Abschn. 65 Abs. 2 KStR kann eine natürliche Person als Organträger die Steuervergünstigung nach § 34 EStG nicht beanspruchen, wenn das zugerechnete Einkommen der Organgesellschaft einen Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 EStG enthält. Dem wird im Schrifttum z.T. mit der Begründung widersprochen, der von der Organgesellschaft erzielte Veräußerungsgewinn sei Bestandteil des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens und unterliege deshalb der für Veräußerungsgewinne des Organträgers geltenden Tarifermäßigung[1]. Der BFH teilt die Verwaltungsmeinung. Denn die körperschaftsteuerliche Organschaft geht von der sog. Zurechnungstheorie aus. Das Einkommen der Organgesellschaft wird dem Organträger ungeteilt ohne Unterscheidung nach laufenden und außerordentlichen Gewinnen zugerechnet. In dem dem Organträger zugerechneten Einkommen ist daher rechnerisch kein begünstigter Veräußerungsgewinn enthalten, sondern lediglich das ungeteilte Einkommen der Organgesellschaft. Der Organträger kann daher § 34 EStG nur dann beanspruchen, wenn er den Tatbestand dieser Vergünstigungsvorschrift selbst verwirklicht. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 19 Abs. 2 KStG (Steuerabzug beim Organträger), denn die Tarifvergünstigung für Veräußerungsgewinne gilt nur für natürliche Personen, nicht für Körperschaften.

Der Veräußerungsgewinn unterliegt beim Organträger auch der Gewerbesteuer. Zwar ist bei Einzelgewerbetreibenden die Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs, eines Teilbetriebs oder einer betrieblichen Beteiligung grundsätzlich nicht gewerbesteuerpflichtig, da die Gewerbesteuer als Objektsteuer an das Ergebnis eines lebenden Betriebs anknüpft. Bei Kapitalgesellschaften knüpft die Gewerbesteuer dagegen allein an die Rechtsform an. Die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft ist daher stets und in vollem Umfang Gewerbebetrieb. Deshalb gehört bei Kapitalgesellschaften der Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebs zum Gewerbeertrag. Daran ändert die gewerbesteuerliche Organschaft nichts. Denn die Betriebe bleiben selbständig und bilanzieren einzeln für sich; die Gewerbeerträge sind getrennt zu ermitteln (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie). Der Veräußerungstatbestand gilt daher nicht als durch den Organträger verwirklicht.

 

Praxishinweis

Es bleibt damit bei der Praxis der Verwaltung, dass Veräußerungsgewinne, die die Organgesellschaft erzielt, beim Organträger, auch wenn es sich um eine natürliche Person handelt, nicht steuerbegünstigt sind, obwohl solche Gewinne, wenn sie von einer natürlichen Person erzielt werden, ermäßigt besteuert werden. Sie unterliegen beim Organträger entsprechend der Gewerbesteuer. Gegen diese Behandlung bestehen auch aus Gleichheitsgründen keine durchgreifenden Bedenken. Der Gesetzgeber ist, wenn er verschiedene frei wählbare Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt, nicht verpflichtet, sämtliche für den Steuerpflichtigen günstigen Gestaltungen in gleicher Weise in allen Varianten zu eröffnen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 22.1.2004, III R 19/02

[1] Vgl. z.B. Tiedtke/Wälzholz, Teilbetriebsveräußerung durch Organgesellschaft und Tarifbegünstigung nach § 34 EStG bei Organträger, GmbHR 2001, S. 847

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