Leitsatz

Der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts eines bebauten Grundstücks durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielten Kaufpreis ist auch dann möglich, wenn der Kauf nicht innerhalb eines Jahrs vor oder nach dem maßgeblichen Besteuerungszeitpunkt stattgefunden hat, aber die durch zeitlichen Abstand nachlassende Indizwirkung des Kaufpreises für den gemeinen Wert durch ein Gutachten des Gutachterausschusses, wonach der Bodenwert sich nicht geändert hat, und dadurch ausgeglichen wird, dass auch die für § 146 Abs. 2 BewG maßgebliche erzielte Jahresmiete gleich geblieben ist.

 

Sachverhalt

A erwarb am 29.11.1996 von Todes wegen zwei Grundstücke. Diese wurden am 8.9.1999 für 80000 DM verkauft. Das Finanzamt stellte den Grundstückswert für Zwecke der Erbschaftsteuer auf 153000 DM gesondert fest. A machte geltend, dass sich die Wertverhältnisse für das Grundstück laut Auskunft des Gutachterausschusses zwischen 1996 und 1999 nicht verändert hätten. Der BFH hat den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts als erfüllt angesehen.

 

Entscheidung

Nach § 146 Abs. 7 BewG ist ein niedrigerer Grundstückswert als der sich nach dem gesetzlichen Bewertungsverfahren ergebende festzustellen, wenn der Steuerpflichtige ihn nachweist. Grundsätzlich kann auch ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielter Kaufpreis als Nachweis dienen. Der Verkauf muss aber zeitnah zum maßgeblichen Besteuerungsstichtag erfolgt sein, da die Indizwirkung des Kaufpreises mit zeitlichem Abstand zum Stichtag nachlässt. Ein Kaufpreis ist regelmäßig zeitnah erzielt, wenn er innerhalb eines Jahrs vor oder nach dem Besteuerungszeitpunkt zustande gekommen ist[1]. Grundstücksverkäufe, die wesentlich länger als ein Jahr entfernt liegen, bilden im Allgemeinen keine geeignete Grundlage zur unmittelbaren Ableitung des gemeinen Werts. Etwas anderes gilt jedoch in Fällen, in denen der Nachweis durch einen nach fast drei Jahren erzielten Kaufpreis für das Grundstück durch eine Äußerung des Gutachterausschusses für Grundstückswerte ergänzt wird, aus der sich ergibt, dass die Bodenwerte – nicht nur die Bodenrichtwerte – seit dem maßgeblichen Besteuerungszeitpunkt unverändert geblieben sind, und auch die für § 146 Abs. 2 BewG maßgebliche tatsächlich erzielte Jahresmiete gleich geblieben ist.

 

Praxishinweis

Das Urteil bringt eine deutliche Erleichterung beim Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts mittels tatsächlich erzieltem Kaufpreis, wenn dieser mehr als ein Jahr vor oder nach dem Stichtag zustande kommt. Wird zudem nachgewiesen, dass sich die Wertverhältnisse in der Zwischenzeit nicht wesentlich geändert haben, bleibt dem Steuerpflichtigen die Vorlage eines oft teuren Gutachtens erspart.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 2.7.2004, II R 55/01

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