Leitsatz (amtlich)

Ein Steuerpflichtiger, der sich der Diplomprüfung an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät einer wissenschaftlichen Hochschule nicht unterzogen hat, wohl aber seinerzeit die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung erfüllt hat, verfügt nicht bereits deswegen über die Kenntnisse eines "staatlich geprüften Betriebswirts".

 

Sachverhalt

Der Kläger war seit 1974 als nichtselbständiger, seit 1983 als selbständiger Planungsberater tätig. Ab 1988 lehnte das Finanzamt die Berücksichtigung des Freibetrags für freie Berufe gemäß § 18 Abs. 4 EStG ab. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Klage. Zur Begründung trug er u.a. vor, er habe nach dem Abitur zunächst als Journalist gearbeitet. Ab Wintersemester 1960/61 habe er teilzeitlich VWL und BWL an der Universität A, von 1965 bis 1968 vollzeitlich Wirtschaftswissenschaften an der Universität B studiert. Er habe sämtliche Leistungsnachweise für die Meldung zur Prüfung erbracht. Die Prüfung habe er aus familiären und finanziellen Gründen nicht ablegen können, zumal ihm danach eine interessante Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Planungsstab des Rektors angeboten worden sei. Die Klage hatte keinen Erfolg[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Als beratender Betriebswirt kommt nur derjenige in Betracht, der nach einem entsprechenden Studium oder einem vergleichbaren Selbststudium, verbunden mit praktischer Erfahrung mit den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft und nicht nur mit einzelnen Spezialgebieten vertraut ist, und diese fachliche Breite seines Wissens auch bei seiner praktischen Tätigkeit einsetzen kann und tatsächlich einsetzt[2]. Die hiernach erforderliche Vorbildung kann durch den Abschluss eines einschlägigen Studienganges an einer Hochschule oder Fachhochschule nachgewiesen werden. Der BFH hat jedoch auch die im Anschluss an die Ausbildung an einer Fachschule abgelegte Prüfung zum "staatlich geprüften Betriebswirt" für ausreichend gehalten[3]. Die Ausbildung an einer Fachschule zum staatlich geprüften Techniker reicht nicht aus[4].

Kann die für den beratenden Betriebswirt i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erforderliche Vorbildung durch Ausbildung an einer Fachschule mit dem Abschluss als "staatlich geprüfter Betriebswirt" erworben werden, so dürfen auch die Anforderungen, die an das Selbststudium eines Autodidakten zu stellen sind, das Niveau dieser Ausbildung nicht übersteigen. Dem Kläger ist jedoch nicht darin zu folgen, dass jeder, der die Voraussetzungen für die Zulassung zur Diplomprüfung an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät einer Universität erfüllt, sich jedoch der Diplomprüfung nicht unterzogen hat, eo ipso mindestens über die Kenntnisse eines "staatlich geprüften Betriebswirts" verfügt.

Ein Steuerpflichtiger mit der Ausbildung des Klägers muss auf andere Weise nachweisen, dass Tiefe und Breite seiner Kenntnisse mindestens denen eines "staatlich geprüften Betriebswirts" vergleichbar sind. Bei Autodidakten ohne jede Hochschul- oder Fachschulausbildung hat die Rechtsprechung verlangt, dass sie nicht nur das "Selbststudium" als solches, sondern auch den Erfolg der autodidaktischen Ausbildung nachweisen[5]. Wegen der damit verbundenen Schwierigkeiten wird jedoch zugelassen, dass der Steuerpflichtige den Nachweis der theoretischen Kenntnisse anhand eigener praktischer Arbeiten führt[6]. Entsprechendes muss für einen Steuerpflichtigen gelten, der zwar eine Hochschule oder Fachschule besucht, den Besuch jedoch nicht mit einer vorgesehenen Prüfung abgeschlossen hat. Einen solchen Nachweis vermochte der Kläger nicht zu erbringen. Nach Lage des Streitfalles brauchte das FG auch keine eigene Prüfung des Wissens des Klägers unter Hinzuziehung eines Sachverständigen vorzunehmen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 4.5.2000 - IV R 51/99

[4] Vgl. BFH-Urteil vom 17.11.1981, VIII R 121/80, BStBl II1982, S. 492 = INF 1982, S. 542; st Rechtsprechung
[5] Vgl. BFH-Urteil vom 14.3.1991, a.a.O. (Fn. 2)
[6] Vgl. ebenda

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