Leitsatz

Die als Sonderausgaben berücksichtigte Kirchensteuer ist – gegebenenfalls nachträglich – zu kürzen, soweit sie in einem späteren Veranlagungszeitraum erstattet wird und im Jahr der Erstattung nicht mit gezahlter Kirchensteuer verrechnet werden kann.

 

Sachverhalt

Die Kläger machten bei der Veranlagung für das Jahr 1999 Kirchensteuer in Höhe von 1914 DM als Sonderausgabe geltend. Der Einkommensteuerbescheid 1999 wurde bestandskräftig. Er führte zu einer Kirchensteuererstattung von 1285 DM, die im Jahr 2001 an die Kläger ausbezahlt wurde. Das Finanzamt verrechnete die Erstattung bei der Veranlagung für 2001 mit der im Veranlagungszeitraum 2001 gezahlten Kirchensteuer von 1024 DM. Da der Erstattungsbetrag die gezahlte Kirchensteuer überstieg, erließ es für das Streitjahr 1999 einen geänderten Bescheid, in dem es die bisher als Sonderausgabe anerkannte Kirchensteuer um 234 DM verringerte. Das FG gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzamts; er hob das Urteil des FG auf und wies die Klage ab. Die Erstattung von Kirchensteuer ist ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Soweit die erstattete Kirchensteuer mit der im Erstattungsjahr 2001 gezahlten Kirchensteuer nicht verrechnet werden kann, mindert sie deshalb die bisher im Streitjahr 1999 nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG anerkannte Sonderausgabe. Aus dem Begriff "Aufwendungen" in § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG folgt, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Daran fehlt es, wenn eine Ausgabe später erstattet wird. Bei jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben wie der Kirchensteuer ist zwar aus Gründen der Praktikabilität eine Verrechnung erstatteter Sonderausgaben mit gleichartigen Sonderausgaben im Jahr der Erstattung zulässig. Ein Erstattungsüberhang führt jedoch zur nachträglichen Kürzung der im Zahlungsjahr bisher anerkannten Sonderausgaben. Andernfalls würde dem Kläger ein nicht zu rechtfertigender Steuervorteil verbleiben.

 

Praxishinweis

Der BFH hat bereits in früheren Entscheidungen eine nachträgliche Minderung von regelmäßig wiederkehrenden Sonderausgaben – Kirchensteuer und Sozialversicherungsbeiträgen – zugelassen[1]. In beiden Fällen war die Erstattung erfolgt, weil sich erst später herausgestellt hatte, dass die Steuerpflichtigen nicht kirchensteuer- bzw. sozialversicherungspflichtig waren. Für die entscheidende Rechtsfrage, ob endgültig zu tragende "Aufwendungen" vorliegen, ist aber der Rechtsgrund für die Erstattung unerheblich.

Die Regelung über die zeitliche Einordnung von steuerbaren Einnahmen bzw. steuerlich abzugsfähiger Aufwendungen in § 11 EStG steht der Annahme, dass die Erstattung von Kirchensteuer ein rückwirkendes Ereignis ist, nicht entgegen. Denn – so der BFH im Besprechungsurteil – die Erstattung einer Sonderausgabe ist keine steuerbare Einnahme.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 7.7.2004, XI R 10/04

[1] Vgl. BFH-Urteile vom 26.6.1996, X R 73/94, BStBl II 1996, S 646 zur Kirchensteuer; vom 28.5.1998, X R 7/96, BStBl II 1999, S. 95 zu Sozialversicherungsbeiträgen

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