Leitsatz

Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur mittelbaren Grundstücksschenkung gelten auch im Rahmen des § 6b EStG. Eine § 6b-Rücklage kann daher nicht auf ein im Wege der mittelbaren Grundstücksschenkung erworbenes Grundstück übertragen werden.

 

Sachverhalt

Der Sohn eines bilanzierenden Landwirts hat von seinem Vater V im Wege der vorweggenommenen Erbfolge dessen landwirtschaftlichen Betrieb übernommen. Streitig ist, ob er die vom Vater gebildeten Rücklagen nach § 6b Abs. 3 EStG auf die von ihm, dem Sohn, zusätzlich neu erworbenen landwirtschaftlichen Flächen übertragen kann. Die Anschaffungskosten dieser Grundstücke hat der Sohn mit Geldbeträgen finanziert, die ihm sein Vater mit der Auflage geschenkt hat, damit die Grundstücke zu erwerben – mittelbare Grundstücksschenkung. Der Außenprüfer stellte sich auf den Standpunkt, dass der Sohn die Grundstücke und Gebäude im Wege mittelbarer Grundstücksschenkungen und damit unentgeltlich erhalten habe. Er habe keine Anschaffungskosten getragen. Dies habe zur Folge, dass die von V gebildeten § 6b-Rücklagen nach Ablauf der Reinvestitionsfrist mit Gewinnzuschlag aufzulösen seien. Das FG vertrat die Ansicht, dass das Rechtsinstitut der mittelbaren Grundstücksschenkung auf Rücklagen nach § 6b EStG keine Anwendung finde.

Der BFH entscheidet, dass bei einer Betriebsübertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge der Betriebsübernehmer in die Rechte und Pflichten des Betriebsübergebers eintritt. Eine vom Übergeber gebildete Rücklage ist vom Betriebsübernehmer zu übernehmen und entsprechend fortzuführen. Dies hat zur Folge, dass eine Übertragung der Rücklage auf Reinvestitionsobjekte oder eine gewinnerhöhende Auflösung der Rücklage ausschließlich beim Betriebsübernehmer zu erfassen ist.

Die Übertragung der Rücklage kommt nur in Betracht, wenn ein Reinvestitionsobjekt i.S. des § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG bis zum Ablauf der 4-jährigen Reinvestitionsfrist angeschafft oder hergestellt wird (§ 6b Abs. 3 Satz 2 EStG). Anschaffung ist der entgeltliche Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an einem Wirtschaftsgut. Keine Anschaffung ist die Einlage eines Wirtschaftsguts aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen. Gleiches gilt für den unentgeltlichen Erwerb eines Reinvestitionsobjekts. Ein unentgeltlicher Erwerb liegt auch vor, wenn ein Grundstück im Wege der mittelbaren Schenkung erworben wird. Die von der Rechtsprechung im Schenkungsteuerrecht dazu entwickelten Grundsätze gelten für das gesamte Einkommensteuerrecht.

 

Hinweis

Allein die von V mit der mittelbaren Schenkung beabsichtigte Sicherstellung der Verwendung der Gelder für die Anschaffung von Ersatzwirtschaftsgütern führt zum Wegfall der Voraussetzungen des § 6b EStG. Diese nach der Gesetzeslage eintretende Konsequenz ist in dem vorliegenden atypischen Fall nicht sachgerecht und führt zu einer unbilligen Steuerfestsetzung. Der BFH sieht die Voraussetzungen für eine, im vorliegenden Fall, jedoch nicht zu entscheidende, abweichende Festsetzung der Einkommensteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen (§ 163 AO) als gegeben an.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 23.4.2009, IV R 9/06.

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