Leitsatz

  1. Eine Entschädigung führt zu außerordentlichen Einkünften nach § 34 Abs. 2 EStG, wenn sie zusammengeballt zufließen, weil der Steuerpflichtige infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einschließlich der Entschädigung in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge erhalten würde (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
  2. Was der Steuerpflichtige bei normalem Ablauf der Dinge erhalten würde, kann nur aufgrund einer hypothetischen und prognostischen Beurteilung ermittelt werden; dabei ist nicht auf die Verhältnisse des Vorjahrs abzustellen, wenn die Einnahmesituation durch außergewöhnliche Ereignisse geprägt ist und sich daraus keine Vorhersagen für den (unterstellten) normalen Verlauf bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ableiten lassen.
 

Sachverhalt

K war bis 30.04.2003 Arbeitnehmer einer AG. Er bezog ein Festgehalt, Provisionen und Boni i.H. v. insgesamt 100.000 EUR (2000), 111.000 EUR (2001) und 260.000 EUR (2002). Die AG zahlte eine Abfindung von 140.000 EUR. Seit 01.05.2003 ist K bei einer Bank angestellt. Er erklärte für 2003 Einnahmen nach § 19 EStG von 200.000 EUR (Entschädigung: 140.000 EUR; Tätigkeit für AG: 30.000 EUR; Tätigkeit für Bank: 30.000 EUR). Das Finanzamt begünstigte die außerordentlichen Einkünfte mangels Zusammenballung nicht, anders das FG.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigt das Urteil im Ergebnis, stellt aber anders als das FG nicht auf den Durchschnitt der Vorjahre ab, sondern behandelt das Jahr 2002 als Ausnahmefall und bejaht deshalb die Zusammenballung.

Außerordentliche Einkünfte werden nach der Fünftelregelung besteuert. Außerordentlich sind nur die in § 34 Abs. 2 EStG aufgeführten Einkünfte. Eine Entschädigung wird aber nicht stets ermäßigt besteuert, sondern nur dann, wenn die Einkünfte "zusammengeballt" zufließen, d.h., wenn der Steuerpflichtige infolge der Kündigung in dem Veranlagungszeitraum samt Entschädigung mehr erhält, als er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte.

Die Beurteilung der Zusammenballung orientiert sich grundsätzlich an den Verhältnissen des Vorjahrs. Dies gilt aber nur für den Normalfall, dass die Verhältnisse des Vorjahrs denjenigen des Folgejahrs entsprechen, nicht aber, wenn die Einnahmesituation des Vorjahrs durch außergewöhnliche Ereignisse geprägt ist.

Auch das BMF folgt dem grundsätzlich, behandelt aber nur den Normalfall. Sollte die Fokussierung des BMF auf das Vorjahr eine Vereinfachungsregelung darstellen, sodass "Ungerechtigkeiten" i.S. einer typisierenden Betrachtungsweise in Kauf genommen werden müssten, könnte der BFH dem nicht beipflichten. Nur der Gesetzgeber darf typisieren. Der Vorschrift des § 34 Abs. 2 EStG sind jedoch keine Typisierungsbefugnisse i.S. einer Regelungsdelegation auf die Verwaltung zu entnehmen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 27.01.2010, IX R 31/09.

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