Leitsatz

Ein Betrieb des Handels, der zu Beginn des Wirtschaftsjahrs, in dem die Investitionen vorgenommen werden, weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigt hat, erfüllt die Voraussetzungen für die erhöhte Investitionszulage nicht, wenn er im Zeitpunkt der Investitionen dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen war und mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt hat.

 

Sachverhalt

Eine AG veräußerte zum 1.7.1998 ihren Teilbereich Fleisch- und Wurstwarenfertigung und -vertrieb an eine GmbH, deren Alleingesellschafterin sie war. Zwischen beiden Gesellschaften bestand ein Organschafts- und Ergebnisabführungsvertrag. Bis zum 1.7.1998 hatte die GmbH die Aufgabe, Waren der AG als Großhändler zu veräußern. Eigenes Personal beschäftigte sie nicht. Aufgrund der Übertragung der Fertigung zum 1.7.1998 an die GmbH wandelte sich das Unternehmen der GmbH von einem Handelsbetrieb in einen Betrieb des verarbeitenden Gewerbes. Zu Beginn ihrer neuen Tätigkeit hatte die GmbH von der AG 372 Arbeitnehmer übernommen.

Die GmbH beantragte für 1998 die erhöhte Investitionszulage für im zweiten Halbjahr angeschaffte Wirtschaftsgüter nach dem InvZulG 1996. Sie machte geltend, sie habe zu Beginn des Wirtschaftsjahrs 1998 keine – und damit nicht mehr als 250 – Arbeitnehmer beschäftigt. Das Finanzamt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Zahl der Arbeitnehmer habe zum 1.7.1998 mehr als 250 betragen.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das Finanzamt. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1996 erhöht sich die Investitionszulage, wenn der Betrieb zu Beginn des Wirtschaftsjahrs, in dem die Investitionen vorgenommen werden, nicht mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Betrieb zum Investitionszeitpunkt aufgrund eines Strukturwandels im Laufe des Wirtschaftsjahrs zwar einem begünstigten Wirtschaftszweig angehört, zu diesem Zeitpunkt aber mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt, auch wenn er zu Beginn des Wirtschaftsjahrs, zu dem er noch keinem begünstigten Wirtschaftszweig zuzuordnen war, nicht mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigt hatte. Der begünstigte Betrieb muss grundsätzlich bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahrs dem verarbeitenden Gewerbe zuzurechnen sein und darf zum Jahresbeginn die betreffende Arbeitnehmeranzahl nicht überschreiten. Wandelt sich der Betrieb während des Wirtschaftsjahrs in seiner Struktur in einen begünstigten Betrieb, ist entscheidend, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des Strukturwandels die entsprechende Arbeitnehmerzahl nicht überschritten ist. Denn bei einem Strukturwandel während des Kalenderjahrs wäre es sachfremd, für das Kriterium, ob der Betrieb den Größenverhältnissen entspricht, die vom Gesetzgeber als ausschlaggebend für die Förderung angesehen werden, auf die Arbeitnehmerzahl zum Jahresbeginn abzustellen.

 

Praxishinweis

Bei einem Strukturwandel während des Wirtschaftsjahrs von einem nicht begünstigten Betrieb zu einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes oder des Handwerks ist daher nach dem InvZulG 1996 nicht die Arbeitnehmerzahl zu Beginn des Wirtschaftsjahrs, sondern im Zeitpunkt des Abschlusses des Strukturwandels entscheidend. Nach dem InvZulG 1999 darf die Zahl von 250 Arbeitnehmern während des gesamten Verbleibenszeitraums nicht überschritten sein. Die InvZulG 2005/2007 ziehen zur Abgrenzung des Kreises der begünstigten Betriebe vollumfänglich die Definition für kleinere und mittlere Betriebe nach EU-Recht heran.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 18.5.2006, III R 55/04

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