Auf der Basis einer Vielzahl von Verhandlungsgesprächen mit Energieversorgungsunternehmen zum Abschluss neuer – zum Teil langfristig zu vereinbarender – Verträge, hat es sich aus strategischen Gründen heraus als unbedingt erforderlich erwiesen, sich als Wohnungsunternehmen ein klares Bild der eigenen Ausgangsposition zu verschaffen und bestimmte Verhandlungsparameter vorzugeben. Nachstehend werden diese Verhandlungsgrundlagen und -inhalte beispielhaft für den Abschluss von Verträgen zum Bezug von Allgemeinstrom dargestellt:

Ausgangssituation

Folgende Sachverhalte sollten im Vorfeld geklärt werden:

  • Aktueller Vertragspartner für den Bezug von Allgemeinstrom

    • aktuelle Vertragslaufzeit
    • vertraglich vereinbarte Kündigungsfristen
  • Abnahmemengen des letzten vollständigen Abrechnungsjahres

    • aktueller Stand der Anzahl der Abnahmestellen
    • durchschnittliche Abnahmemenge je Abnahmestelle
  • Festlegung des Verhandlungsführers

    • Wer leitet Verhandlungen ein?
  • Festlegung (öffentliche) Ausschreibung versus Preisabfrage

    • Eine Ausschreibung bedeutet die öffentliche, schriftliche Aufforderung, Angebote für die in der Ausschreibung genannten Lieferungen oder Leistungen abzugeben. Ausschreibungen zum Zwecke der reinen Markterkundung sind aber unzulässig.
    • Mittels einer unverbindlichen Preisabfrage kann im Vorfeld einer Ausschreibung ein Marktüberblick eingeholt werden.
  • Stehen Rahmenvereinbarungen z. B. des Verbandes zur Verfügung?

Interne Festlegungen von Verhandlungsparametern

  • Festlegung der zu beteiligenden Stromversorgungsunternehmen
  • Festlegung einzelner Vertragsinhalte

    • Sollen Teilpreise (Arbeitspreis, Leistungspreis, Verrechnungspreis) vereinbart werden?
    • Ist es das Verhandlungsziel, lediglich einen einheitlichen Arbeitspreis (Euro je kWh) ohne Grundpreis vertraglich zu vereinbaren?

      Fazit: Gelingt es, sämtliche Strombezugskosten ausschließlich über einen Arbeitspreis abzurechnen, verstärkt dies nicht unerheblich die Transparenz bei Preisvergleichen unterschiedlicher Stromanbieter.

  • Festlegung der Vertragsdauer

    • Welche Vertragsdauer soll das Verhandlungsziel sein?

      Fazit: Längerfristige Verträge gewährleisten eine nicht unerhebliche Datensicherheit (z. B. bei der Erstellung von Wirtschaftsplänen) für zukünftige Kostenentwicklungen in diesem Bereich.

  • Diskussion "Öffnungsklausel"

    • Ist eine "Öffnungsklausel" vorgesehen?

      Fazit: Bei längerfristigen Verträgen (mindestens bei Laufzeiten von zwei und mehr Jahren) sollte im Hinblick auf eine starke Änderung der Marktverhältnisse eine Öffnungsklausel vereinbart werden.

 

Beispiel für eine Öffnungsklausel

Kann das Wohnungsunternehmen nachweisen, dass es ihm möglich ist, während der vereinbarten Vertragslaufzeit seinen Allgemeinstrombezug bei einem anderen Stromversorgungsunternehmen zu einem Preis zu beziehen, der x Prozent oder mehr unter dem vereinbarten Strompreis liegt, steht dem Wohnungsunternehmen ein Sonderkündigungsrecht mit einer Frist von sechs Wochen zum nächsten Quartalsende zu. Auf Wunsch des Vertragspartners weist das Wohnungsunternehmen diese Möglichkeit durch das Testat eines Wirtschaftsprüfers nach.

  • Diskussion zu Steuern und Abgaben

    • Darf die Erhöhung/Einführung neuer Gebühren/Steuern "weitergereicht" werden?

      Fazit: Insbesondere bei längerfristigen Verträgen sollte vereinbart werden, dass – mit Ausnahme der Mehrwertsteuer – die Erhöhung öffentlicher Gebühren und/oder Abgaben bzw. die Einführung neuer Gebühren/Abgaben während der gesamten Vertragslaufzeit nicht einseitig durch das Stromversorgungsunternehmen an das Wohnungsunternehmen "weitergereicht" werden kann.

Vergleich aus verschiedenen Angeboten

  • Gewichtung der Vertragsparameter

    • Wie werden die einzelnen Vertragsparameter gegeneinander gewichtet?

      Fazit: Das Wohnungsunternehmen muss entsprechend den Vorgaben seiner Unternehmensführung festlegen, welche Vertragsparameter in welcher Form und mit welcher Gewichtung zu bewerten sind, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.

      Dabei sind folgende Überlegungen zu beachten: Ist es günstiger, einen Vertrag mit einer kürzeren Vertragslaufzeit, dabei aber mit niedrigerem Preis abzuschließen? Oder ist es sinnvoll, einen längerfristigen Vertrag mit noch relativ günstigen Preisen abzuschließen, aber dabei auf eine Öffnungsklausel verzichten zu müssen und dem Stromversorger das Recht zuzubilligen, (öffentliche) Gebühren/Abgaben einseitig an das Wohnungsunternehmen "weiterzureichen"?

  • Abgleich mit ggf. vorhandenen Rahmenvereinbarungen

Abschlussdokumentation

Diese kann Grundlage für zukünftige Verhandlungen sein.

Fazit

Zum Abschluss der Vertragsverhandlungen sollte eine ausreichende Dokumentation der einzelnen Vertragsparameter während der Gespräche quasi als Vorbereitung für neue Stromverhandlungen nach Ablauf des nun geschlossenen Vertrags erfolgen.

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