Wichtige BGH-Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine für viele wichtige Entscheidung getroffen. Inwieweit müssen unterhaltspflichtige Kinder ihr Vermögen angreifen, um Leistungen der Pflegeversicherung für ihre Eltern aufzubringen?

Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde:

Streit um Elternunterhalt

Die 1926 geborene Mutter des betroffenen Sohnes lebt in einem Altenpflegeheim. Ihr Sozialhilfeträger gewährte ihr Leistungen, weil sie die Heimkosten nicht vollständig aus ihrer Rente und den Leistungen der Pflegeversicherung aufbringen kann. Er verlangte nun von dem Sohn Erstattung der in der Zeit vom Juli 2008 bis Februar 2011 geleisteten Beträge. Die Beteiligten streiten allein darüber, ob der der Sohn aus seinem Einkommen oder aus seinem Vermögen leistungsfähig ist.

Einkünfte und Vermögen des Sohnes

Der Sohn erzielte im Jahr 2008 ein Jahresbruttoeinkommen in Höhe von rund 27.500 EUR, woraus das Oberlandesgericht (OLG) ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 1.121 EUR errechnet hat. Der Sohn ist außerdem Eigentümer einer aus 3 Zimmern bestehenden Eigentumswohnung deren Wohnanteil das OLG mit 339,02 EUR ermittelt hat. Er ist außerdem hälftiger Miteigentümer eines Hauses in Italien (anteiliger Wert 60.000 EUR). Zudem verfügt er über 2 Lebensversicherungen mit Werten von rund 27.000 und 5.000 EUR sowie über ein Sparguthaben von 6.500 EUR. Eine weitere Lebensversicherung hatte er gekündigt, um Verbindlichkeiten für das Haus in Italien zu tilgen.

AG verurteilt teilweise, OLG weist Anspruch ab

Das Amtsgericht hat den Sohn verurteilt, rückständigen Unterhalt von insgesamt rund 5.500 EUR zu zahlen. Das OLG hat die auf weiteren Unterhalt gerichtete Beschwerde des Sozialhilfeträgers zurückgewiesen und – auf die Beschwerde des Sohnes – den Antrag vollständig abgewiesen.

Fehlerhafte Berechnungen

Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde des Sozialhilfeträgers hat der BGH den angefochtenen Beschluss aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen, weil die Rechnungen auf der Grundlage der Einkünfte und Nutzungsvorteile des Sohnes und seines Selbsterhalts nicht fehlerfrei ermittelt worden seien. Schon das Nettoeinkommen sei nicht richtig errechnet worden, so seien z. B. die monatlichen Fahrtkosten für Besuche der Mutter (mtl. 67,20 EUR) nicht berücksichtigt worden. Zudem sei der Selbsterhalt, der in den Jahren 2011 bis 2013 variierte (zuletzt 1.600 EUR) nicht angesetzt worden.

Von besonderer Bedeutung sind allerdings die weiteren Ausführungen des BGH zum Einsatz des Vermögens im Rahmen des Elternunterhalts. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss das unterhaltspflichtige Kind grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht. Dem dient auch die eigene Altersversorgung, die der Unterhaltsschuldner neben der gesetzlichen Rentenversicherung mit weiteren 5 % von seinem Bruttoeinkommen betreiben darf. Entsprechend bleibt dann auch das so gebildete Altersvorsorgevermögen im Rahmen des Elternunterhalts unangreifbar (BGH, FamRZ 2006, S. 1511).

Eigene Altersvorsorge des Unterhaltspflichtigen ist geschützt

Entscheidende Frage war jetzt, wie weit der Wert der genutzten Immobilie bei der Bemessung der Altersvorsorge unberücksichtigt bleiben darf. Das Gericht hat entschieden, dass der Wert einer angemessenen selbst genutzten Immobilie grundsätzlich unberücksichtigt bleibt, weil ihm eine Verwertung nicht zumutbar ist. Übersteigt das sonstige vorhandene Vermögen ein über die Dauer des Berufslebens bis 5 % vom Bruttoeinkommen geschütztes Altersvorsorgevermögen nicht, kommt eine Unterhaltspflicht aus dem Vermögensstamm nicht in Betracht. Weil das OLG allerdings auch das Altersvorsorgevermögen nicht fehlerfrei berechnet hat, muss es dieses und die Bemessung eines zusätzlich zu belassenen Notgroschens erneut überprüfen.

(BGH, Beschluss v. 7.8.2013, XII ZB 269/12)

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