Leitsätze (amtlich)

  1. 1. Die Einkünfte und Bezüge, die ein Kind im Kalenderjahr hat, sind um den ausbildungsbedingten Mehrbedarf für ein Zusatzstudium im Ausland entweder gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten zu kürzen, wenn es sich um Fortbildungskosten handelt, oder gemäß § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG als besondere Ausbildungskosten.
  2. 2. Ein erhöhter Lebensbedarf für Unterkunft und Verpflegung im Ausland ist dabei regelmäßig in beiden Fällen nicht zu berücksichtigen.
 

Sachverhalt

Der 1970 geborene Sohn (S) des Klägers absolvierte nach Ablegung der ersten juristischen Staatsprüfung ein Zusatzstudium an der Universität von Aberdeen mit dem Ziel "Master of Laws (LLM)" von April 1995 bis März 1996. Im Juli 1996 trat er den juristischen Vorbereitungsdienst an. Die Kindergeldkasse (Beklagter) gewährte dem Kläger für S im Oktober 1995 technisch befristet bis zum März 1997 Kindergeld, das bis Oktober 1996 ausbezahlt wurde. Im April 1997 wurde die Bewilligung von Kindergeld mit Wirkung vom Januar 1996 aufgehoben und gezahltes Kindergeld in Höhe von 2 000 DM zurückgefordert. Mit der Klage machte der Kläger geltend, das zu versteuernde Einkommen seines Sohnes habe 1996 laut ESt-Bescheid lediglich 11160 DM betragen. Daneben habe S einmalig 1 500 Pfund für das Auslandsstudium als Stipendium erhalten. Dem hätten neben den im Jahr 1995 beglichenen Studiengebühren folgende Aufwendungen gegenübergestanden: Kosten für zwei Flüge zu 600 DM, für Unterbringung und Verpflegung von ca. 2 500 DM, für Drucken und Binden der Magisterarbeit 300 DM sowie für einen 1995 für 2500 DM angeschafften Laptop. Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision des Beklagten hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht mehr streitig, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2a bzw. b EStG bei S das ganze Jahr 1996 vorgelegen haben[1].

Ob der Jahresgrenzbetrag von 12 000 DM im Streitfall überschritten wurde, lässt sich anhand der Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass bei den nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu erfassenden Einkünften und Bezügen der Begriff der Einkünfte so zu verstehen ist, wie er sich aus § 2 Abs. 2 EStG ergibt und dass Einkünfte dementsprechend nicht mit dem zu versteuernden Einkommen gleichzusetzen sind[2]. Ob das Stipendium funktionsgebunden für besondere Ausbildungszwecke bestimmt war oder S frei zur Verfügung stand, ist nicht festgestellt. Darüber hinaus ist zu untersuchen, ob im Einzelnen geltend gemachte ausbildungsbedingte Mehraufwendungen mit dem Stipendium abgegolten wurden. Im Übrigen steht nicht fest, wann S das Stipendium erhalten hat.

Ebenfalls dem Grunde nach zutreffend hat das FG entschieden, dass gemäß § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG die nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ermittelten Einkünfte und Bezüge auch um andere ausbildungsbedingte Mehraufwendungen zu kürzen sind, als die in DA-FamEStG 63.4.2.6 Abs. 7 aufgeführten. Es handelt sich dabei um Aufwendungen, die wegen der Ausbildung zu den Lebenshaltungskosten hinzu kommen[3]. Der Senat kann offen lassen, ob die Aufwendungen des S im Zusammenhang mit dem Zusatzstudium zu den als Werbungskosten abziehbaren Fortbildungskosten zählen[4], die mit den Einkünften und Bezügen des S zu verrechnen wären[5]. Denn der insofern zu berücksichtigende Betrag deckt sich mit dem, der andernfalls gemäß § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG außer Ansatz bliebe.

Danach können die Kosten für die Flüge und die Magisterarbeit abziehbare Aufwendungen sein, wobei es dem FG obliegt, den ausbildungsbedingten Bezug im Einzelnen zu würdigen. Dagegen sind im Hinblick auf die zur Lebensführung zählenden Kosten für Unterkunft und Verpflegung Anhaltspunkte für einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf im Streitfall nicht ersichtlich. Bei der Bemessung des Jahresgrenzbetrages des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist bereits berücksichtigt, dass viele in Ausbildung befindliche Kinder einen erhöhten Lebensbedarf haben, weil es an einer gemeinsamen Wirtschaftsführung mit den Eltern fehlt[6].

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 14.11.2000 – VI R 128/00

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