Überblick

Die Kosten für die TV-Grundversorgung über Breitbandnetze können Wohnungsvermieter als Betriebskosten auf die Mieter umlegen. Diese Option will die Bundesregierung mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) abschaffen. Der Bundestag hat dem Entwurf am 22.4.2021 abschließend zugestimmt und den Weg frei gemacht für die Pläne der Koalition. Das heißt: Vermieter sollen die Kosten für TV-Kabelverträge nach einer Übergangsfrist bis 2024 nicht mehr auf ihre Mieter umlegen dürfen. Jetzt ist der Bundesrat am Zug. Der hielt bislang am Nebenkostenprivileg fest.

Heute erhalten ca. 12,5 Mio. Bürger in Deutschland eine TV-Grundversorgung über Breitbandnetze als Teil ihrer Wohnungsmiete. Die monatlichen Kosten des Betriebs der dafür notwendigen Netze und die erforderlichen Urheberrechtsabgaben an die TV-Sender kann der Vermieter bisher über die Betriebskosten auf seine Mieter umlegen. Das soll sich nun ändern.

Nebenkostenprivileg des Vermieters soll abgeschafft werden

Die Pläne, dieses sog. "Nebenkostenprivileg" mit einer Übergangsfrist abzuschaffen, stammen aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und wurden im Juli 2020 in die Ressortabstimmung gegeben. Ursprünglich sollten Vermieter ihre Betriebskostenabrechnung noch 5 Jahre nach altem Recht erstellen dürfen wie bisher, nun wurde diese Frist auf 2 Jahre gekürzt. In Gebäuden, in denen erst nach Inkrafttreten des Gesetzes eine neue Hausverteilanlage – also Technik samt Kabel – in Betrieb genommen wird, gibt es gar keine Übergangszeit.

Am 16.12.2020 hat das Bundeskabinett dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts (Telekommunikationsmodernisierungsgesetz – TKModG) zugestimmt. Dafür wurde das geltende Telekommunikationsgesetz (TKG) nach Angaben des BMWi vollständig überarbeitet und neu gefasst. Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung des Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation, der Ende 2018 in Kraft getreten ist.

"Alle Mieter sollen die Chance haben, ihren Anbieter selbst zu wählen", begründete das Ministerium die Gesetzesänderung. Dieses aus den 1980er-Jahren stammende "Relikt" zur Ankurbelung der Kabelnetzversorgung hätte seine Berechtigung verloren, hemme die Wahlfreiheit der Verbraucher und den Wettbewerb im Telekommunikationssektor, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Das sieht die Wohnungswirtschaft anders.

Wohnungswirtschaft kritisiert Eingriff in das Mietrecht

"Dieses Gesetz sollte so auf keinen Fall den Bundestag passieren, weil es sachlich und fachlich begründete Einwände ignoriert", sagt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Der GdW ist überzeugt, dass weder für eine Abschaffung der Betriebskostenverordnung (Art. 14 TKMoG E) noch für eine darauf zielende Opt-Regelung (§ 69 Abs. 2 TKMoG E) eine europa- oder telekommunikationsrechtliche Grundlage vorhanden ist, die einen derartigen Eingriff in das Mietrecht rechtfertigt.

Die Folgen des aktuellen Gesetzentwurfs seien außerdem unsozial. Mieter würden deutlich höher belastet und die Planungssicherheit für Wohnungsunternehmen "über Bord geworfen". Mit dem Wegfall der Umlagefähigkeit werden Gedaschko zufolge zum einen die Kosten für Mieter um 100 bis 200 EUR pro Jahr und Haushalt höher liegen – zum anderen dürften künftige Glasfaser- und Breitbandinvestitionen von Wohnungsunternehmen und Netzbetreibern wegen wegfallender Kalkulationsgrundlagen einbrechen.

Kaum nachzuvollziehen sei der geplante kurzfristige Eingriff in laufende Verträge, eine "de facto Abschaffung des Bestandsschutzes", so Gedaschko abschließend.

ZIA kündigt Widerspruch im weiteren parlamentarischen Verfahren an

Dass der Bestandsschutz für bestehende Anlagen auf 2 Jahre verkürzt werden soll, beklagte auch der Immobilienverband Deutschland (IVD). Für viele tausende länger laufende Gestattungsverträge zwischen Vermietern und Netzbetreibern sowie für Millionen von Mietern würde damit ein vertragsrechtliches Chaos ausgelöst werden, "vor dem wir eindringlich warnen", sagte Markus Jugan, Vizepräsident des IVD und Vorsitzender des Bundesfachausschusses Immobilienverwalter. Der mit der Novelle angestrebte Verbraucherschutz verkehre sich so komplett ins Gegenteil.

"Für den Verbraucher wird es am Ende teurer, da nicht mehr wie bisher tausende Verträge gleichzeitig zu günstigen Konditionen abgeschlossen werden können", kommentierte Dr. Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), den Beschluss. Für den weiteren Breitbandausbau sei dieses Gesetz "enorm wichtig". Der Verband kündigte weiteren Widerstand gegen den Entwurf im parlamentarischen Verfahren an.

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