Leitsatz (amtlich)

Kosten, die der Steuerpflichtige für die mit dem eigenen Motorboot vorgenommenen Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs- bzw. Arbeitsstätte aufwendet, sind nicht nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG generell vom steuerlichen Abzug ausgeschlossen. Sie unterliegen jedoch der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 und § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG geregelten Abzugsbegrenzung.

 

Sachverhalt

Der Kläger wohnt in A und erzielte im Streitjahr 1995 als ärztlicher Direktor einer Klinik auf der Insel B Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben war er in der Klinik auf B selbständig tätig. Seit 1993 unterhielt er eine weitere Praxis auf dem Festland. Bereits 1991 hatte der Kläger für rd. 161 000 DM ein Motorboot von 8,6 m Länge erworben. Dieses Boot nutzte er für Fahrten zwischen dem Festland und B. Dadurch reduzierte sich die bei der Benutzung der Fähre eine Stunde betragende Fahrzeit. Für das Streitjahr 1995 machte der Kläger 70% der Aufwendungen für das Boot (24 825 DM) als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt versagte den Abzug unter Hinweis auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG. Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

  1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass das generelle Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG nicht eingreift. Im Streitfall handelt es sich um Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs- oder Arbeitsstätte sowie möglicherweise auch um solche für Fahrten zwischen zwei Betriebsstätten. Derartige Aufwendungen sind nicht deswegen schlechthin vom Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ausgeschlossen, weil sie mit einem individuellen motorbetriebenen Wasserfahrzeug unternommen werden. Die für derartige Fahrten angefallenen Kosten sind nicht Aufwendungen "für Segel- oder Motorjachten". Der I. Senat des BFH hat entschieden, dass nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG nur solche Aufwendungen für Segel- oder Motorjachten vom Abzug ausgeschlossen sind, die einer sportlichen Betätigung, der Unterhaltung von Geschäftsfreunden, der Freizeitgestaltung oder der Repräsentation dienen[1]. Damit übereinstimmend meint der Senat, dass die Anwendbarkeit des in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG normierten Abzugsverbots nicht von der Art des Wasserfahrzeugs, sondern von dessen konkreter Bestimmung abhängt, wobei die Bestimmung durch den Fahrzeugtyp indiziert sein kann. Bei dem vom Kläger für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs- bzw. Arbeitsstätte verwendeten Fahrzeug handelt es sich um ein serienmäßig gebautes "Sportboot". Bei einer Länge von nur 8,6 m scheidet eine Verwendung zu Repräsentationszwecken aus. Allerdings werden solche Boote naturgemäß zur Freizeitgestaltung genutzt. Das schließt eine anderweitige Nutzung jedoch nicht aus. Geht man von dem vom Kläger angestrebten Zweck aus, zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter in möglichst kurzer Zeit von C nach B und zurück zu gelangen, so drängt sich die Wahl dieses - wegen der serienmäßigen Herstellung vergleichsweise preiswerten - Bootstyps geradezu auf.
  2. Der Senat ist allerdings der Auffassung, dass die Kosten, die der Steuerpflichtige für die mit einem Motorboot vorgenommenen Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte aufwendet, nicht uneingeschränkt zum Abzug zuzulassen sind. Er hält insoweit die ihrem Wortlaut nach auf Land gebundene Kfz beschränkte Abzugsbegrenzung gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 und § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG für entsprechend anwendbar. Hierin liegt keine Analogie zu Lasten des Steuerpflichtigen, deren Zulässigkeit umstritten ist. Von den beiden in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 und § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG 1995 enthaltenen Höchstbeträgen ist wegen der Höhe der durch ein Motorboot verursachten Kosten der für Pkw geltende höhere Betrag von 0,70 DM/Entfernungskilometer im Streitjahr anzuwenden.

Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, wie viele Fahrten der Kläger zwischen C und B im Streitjahr durchgeführt hat. Dies wird im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein. Mit Rücksicht darauf, dass Werbungskosten in Höhe des Arbeitnehmerpauschbetrages von 2 000 DM pauschal abgezogen werden, ist eine Aufteilung der Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einerseits sowie zwischen Wohnung und Betriebsstätte andererseits geboten. Diese Aufteilung ist nicht nach der Höhe der jeweils erzielten Einkünfte, sondern nach der Veranlassung der einzelnen Fahrten vorzunehmen. Mangels anderer Anhaltspunkte wird das FG davon ausgehen können, dass allen Fahrten eine doppelte Veranlassung zugrunde lag und dass daher eine Aufteilung im Verhältnis 50: 50 geboten ist. Im zweiten Rechtsgang besteht ferner Gelegenheit festzustellen, ob der Kläger zusätzlich beruflich veranlasste Fahrten zu anderen Inseln sowie Fahrten zwischen zwei Betriebsstätten vorgenommen hat. Sollten sie angefallen sein, so wären sie mit dem auf sie entfallenden Ant...

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