Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen für eine Ayur-Veda-Behandlung können nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn die medizinische Notwendigkeit dieser Behandlung im Einzelfall durch ein vor ihrem Beginn erstelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen ist.

 

Sachverhalt

Die Kläger, freiberuflich tätige Kinderärzte, machten im Streitjahr 1993 Kosten von 7 924 DM als außergewöhnliche Belastungen geltend. Die Klägerin hatte zwei Tage und der Kläger 20 Tage im Kurhotel X verbracht. Sie hatten sich dort einer medizinischen Behandlung im X-In-stitut für Ayur-Veda unterzogen. Ein amtsärztliches Attest oder eine gleichzustellende Bescheinigung reichten die Kläger nicht ein. Die Versicherungen hatten es abgelehnt, sich an den Behandlungskosten zu beteiligen. Das Finanzamt versagte den Abzug. Die Klage hatte insoweit Erfolg, als das FG Behandlungskosten von 4581 DM als außergewöhnliche Belastung anerkannte. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Dabei sind alle Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung typisierend als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf[1]. Eine derart typisierende Behandlung der Krankheitskosten hält die Rechtsprechung zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre für geboten. Berücksichtigungsfähig sind aber nur solche Kosten, die zum Zwecke der Heilung oder mit dem Ziel aufgewendet werden, die Krankheit erträglich zu machen. Nicht zu den Krankheitskosten gehören daher vorbeugende Aufwendungen, die der Gesundheit allgemein dienen. Bei Behandlungen mit Hilfe wissenschaftlich umstrittener Methoden, wie etwa Frischzellenbehandlungen, hat der BFH den Nachweis der medizinischen Indikation durch ein vor Beginn erstelltes amtsärztliches Attest für geboten erachtet[2]. Während bei Behandlungen, die sich im Rahmen allgemein anerkannter medizinischer Methoden halten, häufig offenkundig ist, dass es sich um Heilbehandlungen handelt, ist bei Außenseitermethoden regelmäßig nicht erkennbar, ob lediglich eine vorbeugende, der Gesundheit allgemein dienende Maßnahme oder eine Heilbehandlung vorliegt. Nur der rechtzeitig eingeschaltete Amtsarzt oder etwa der medizinische Dienst einer gesetzlichen Krankenversicherung besitzt zugleich Sachkunde und die notwendige Neutralität, um die medizinische Indikation von nicht nur für Kranke nützlichen Maßnahmen ohne die für den behandelnden Arzt bestehende Gefahr einer Störung des Vertrauensverhältnisses zu seinen Patienten objektiv beurteilen zu können[3].

Im Streitfall ist ein Nachweis über die medizinische Notwendigkeit der Behandlungen im Kurhotel X nicht geführt worden. Ein vor Antritt der Reise ausgestelltes amtsärztliches Attest liegt nicht vor. Bei den Akten befinden sich zwar zwei ärztliche Bescheinigungen, davon eine des behandelnden Arztes im Kurhotel. Derartige Atteste, dazu noch nachträglich ausgestellte, reichen aber nicht aus, um die medizinische Notwendigkeit der Behandlung nachzuweisen. Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen, um den Klägern Gelegenheit zu geben, das für die steuerliche Anerkennung ihrer Aufwendungen erforderliche amtsärztliche Zeugnis nachträglich beizubringen. Da der Senat hinsichtlich der von den Klägern gewählten Behandlungsmethode erstmals ausdrücklich besondere Nachweisanforderungen aufstellt, erscheint es angemessen, im Streitfall auch ein nach den neuesten medizinischen Erkenntnissen nachträglich erstelltes amtsärztliches Zeugnis ausreichen zu lassen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 1.2.2001 – III R 22/00

[1] Vgl.BFH-Urteilvom3.12.1998,IIIR5/98,BStBlII 1999, S. 227
[3] Vgl. BFH-Urteil vom 14.8.1997, IIIR 67/96, BStBl II1997, S. 732 = INF 1998, S. 27

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